Verfahrensgang

SG Neuruppin (Urteil vom 21.12.1999; Aktenzeichen S 8 U 106/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 21. Dezember 1999 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Sozialgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Sozialgerichts vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob die am 23. Januar 1984 geborene Klägerin Ines Kleinert am 30. August 1996 bei versicherter Tätigkeit einen Unfall erlitt, als sie sich in der Regenbogenschule – Förderschule für geistig Behinderte – in H. verletzte und ob die Beklagte zu Leistungen verpflichtet ist.

Nach einer von der Beklagten im Ermittlungsverfahren eingeholten schriftlichen Auskunft der Schulleiterin der Regenbogenschule, Förderschule für geistig Behinderte, befand sich die Klägerin auf einer Toilette, als sie plötzlich sehr schnell seitlich nach vorne sackte und anschließend mit dem Kopf auf den Fußboden fiel. Nachfolgend befand sich die Klägerin vom 31. August 1996 bis 10. September 1996 in stationärer Behandlung der allgemeinen Pädiatrie der Kliniken und Polikliniken für Kinderheilkunde und Kinderchirurgie der Humboldt-Universität zu Berlin und in der Zeit vom 19. September bis 14. Oktober 1996 in stationärer Behandlung der Kliniken und Polikliniken für Kinderheilkunde und Kinderchirurgie der Charité – Virchow-Klinikum.

Rechtsanwalt Dr. Rose-Lacasé machte mit Schriftsatz vom 01. Dezember 1996 unter Anzeige seiner Vertretung der Interessen der Eltern der Klägerin und der Klägerin selbst gegenüber dem Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV) Brandenburg und der Landesausführungsbehörde für Unfallversicherung Verdienstausfall der Mutter der Klägerin namens und in Vollmacht seiner Mandanten geltend, da sie zur Pflege und Betreuung der Klägerin Ines Kleinert von der Arbeit freigestellt gewesen sei, und beanspruchte darüber hinaus zusätzlichen Verpflegungsaufwand sowie Schmerzensgeld.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 1997 lehnte der Gemeindeunfallversicherungsverband Brandenburg die Erbringung von Entschädigungsleistungen ebenso ab wie die Anerkennung des Ereignisses vom 30. August 1996 als Arbeitsunfall. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass Ines Kleinert zum Unfallzeitpunkt ihre Notdurft verrichtet habe und keine Betriebseinrichtung ursächlich „für das Ereignis vom 30. August 1996” gewesen sei. Daher stelle das Geschehen eine eigenwirtschaftliche Handlung dar, welches unfallversicherungsrechtlich im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht geschützt sei. Ein Arbeits-(Schul)unfall liege nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04. November 1998 wies die Unfallkasse Brandenburg den am 22. Januar 1998 beim Gemeindeunfallversicherungsverband Brandenburg eingegangenen Widerspruch zurück unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach zu den unversicherten Verrichtungen insbesondere solche von eigenwirtschaftlichem, privaten Charakter zählten, die nur allein wegen der geforderten Anwesenheit auf der Arbeitsstätte (hier der Schule) nicht im häuslichen, unversicherten Bereich erfolgen könnten. Dies sei insbesondere auch die Verrichtung der Notdurft, zu welcher die Klägerin der beaufsichtigenden Hilfe bedürfe.

Mit der am 04. Dezember 1998 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin eingegangenen Klage „1. der Frau B. K. und 2. des Herrn W. K.” verfolgten die Klägerin B. K. und der Kläger W. K. die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von Verdienstausfall in Höhe von 14 804,70 DM sowie 698,00 DM Verpflegungsmehraufwand. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, Ursache des Unfalls sei eindeutig mangelnde Aufsicht des Personals. Die Kläger hätten den Verdienstausfall und den Verpflegungsaufwand als Entschädigungsleistung gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Es sei bekannt, dass die Beklagte Verdienstausfall des ein verunfalltes Kind häuslich pflegenden Elternteils als freiwillige Leistung bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres des Kindes zusätzlich übernehme und über das 12. Lebensjahr hinaus, sofern schwerwiegende medizinische Gründe vorlägen.

Rechtsanwalt Dr. Rose-Lacasé hat in der mündlichen Verhandlung des SG beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. August 1996 einen neuen Bescheid über Leistungen gemäß § 569 a RVO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt ihre angefochtene Entscheidung.

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 1999 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom ...

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