Verfahrensgang

SG Cottbus (Urteil vom 18.02.1999; Aktenzeichen S 7 U 68/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Februar 1999 wird das Urteil und der Bescheid der Beklagten vom 22. März 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Juni 1996 dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass der Unfall des Klägers vom 02. Juni 1994 einen Arbeitsunfall darstellt. Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist, ob ein Verkehrsunfall des Klägers vom 02. Juni 1994 als Arbeitsunfall zu bewerten ist.

Der am … 1976 geborene Kläger führte am 02. Juni 1994 gegen 6.20 Uhr den PKW der Marke F. F. mit dem amtlichen Kennzeichen … auf der B. aus Richtung G. kommend in Richtung T. Ziel seiner Fahrt war die Berufsschule in C., dem Oberstufenzentrum M.-Straße. Er war zur Unfallzeit als auszubildender Elektroinstallateur bei der EAB G. GmbH tätig gewesen. In dem von ihm geführten PKW befanden sich die Zeugen O. und Z..

Als der Kläger im Begriff war, etwa 1 km vor T. 10 bis 15 vor ihm befindliche Fahrzeuge zu überholen und auf Höhe des zweiten vor ihm fahrenden Fahrzeuges war, bemerkte er den im Gegenverkehr befindlichen Transporter, der von dem Zeugen M. geführt wurde. Mit diesem Fahrzeug stieß das vom Kläger gelenkte Fahrzeug zusammen. Beide Fahrzeugführer wurden verletzt.

In der Zeit vom 02. Juni bis 24. Juni 1994 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung des N.-W.-Stift G.. Dort wurde eine dislozierte Nasenbeinfraktur, Innenknöcheltrümmerfraktur links und Taluskompressionsfraktur im Halsbereich diagnostiziert.

Die dem Kläger am 02. Juni 1994 entnommene Blutprobe enthielt keinen Alkohol.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Guben vom 26. Oktober 1994 wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis gemäß § 111 a StPO entzogen wegen des dringenden Verdachts, am 02. Juni 1994 auf der B 97 grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt und dadurch Leib oder Leben eines anderes sowie fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet zu haben. Der beschlagnahmte Führerschein war am 17. April 1994 ausgestellt worden.

Mit Anklageschrift vom 06. Januar 1995 wurde der Kläger durch die Staatsanwaltschaft Cottbus angeklagt, am 02. Juni 1994 als Heranwachsender eine Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b StGB in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung begangen zu haben. Durch Urteil des Amtsgerichts Guben vom 12. September 1995 wurde der Kläger wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen a 15,00 DM verurteilt. Der Führerschein wurde ihm in der Verhandlung wieder ausgehändigt.

Der Gemeindeunfallversicherungsverband Brandenburg ermittelte durch Beiziehung von Krankenunterlagen und Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten, die seinerzeit mit Erhebung der Anklage endeten.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 1994 teilte der Gemeindeunfallversicherungsverband Brandenburg dem Kläger vor Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten mit, aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 02. Juni 1994 sei die Versorgung mit einer Ober-Unterschenkel-Hülsen-Orthese erforderlich gewesen. Es bestehe ein Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung für Aufwendungen durch außergewöhnlichen Kleider- und Wäscheverschleiß.

Die Beklagte holte von Frau Dipl.-Med. H. ein Rentengutachten ein zur erstmaligen Feststellung der Dauerrente, das anlässlich der Untersuchung vom 04. Oktober 1995 am 17. Oktober 1995 erstattet wurde. Sie stellte eingeschränkte Beweglichkeit an den Sprunggelenken, rechts nicht so stark wie links fest. Sie beurteilte die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 20 v. H.

Mit Schreiben vom 10. Januar 1996 teilte der Gemeindeunfallversicherungsverband Brandenburg dem Kläger mit, ihm werde ein Vorschuss auf Rente ohne Anerkennung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach gewährt gemäß § 42 SGB I.

Mit Bescheid vom 22. März 1996 lehnte der Gemeindeunfallversicherungsverband Brandenburg es ab, den Unfall vom 02. Juni 1994 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Es sei durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt worden, dass der Kläger rücksichtslos gehandelt habe und durch sein Verhalten Leib und Leben eines anderen sowie fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet habe. Der Unfall beruhe auf einer vom Kläger selbstgeschaffenen Gefahr. Das rücksichtslose Überholen könne daher nicht als Zurücklegung eines versicherten Weges zur Berufsschule beurteilt werden. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch des Kläger übersandte dieser eine Ablichtung des Urteils des Amtsgerichts Guben, in dem ausgeführt wurde, dass das Gericht eigensüchtige Gründe beim Kläger nicht habe feststellen können und vom menschlichen Versagen auszugehen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Juni 1996 wies der Gemeindeunfallversicherungsverband Brandenburg den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wur...

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