Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Festbetragsgruppen-Neubestimmungsverordnung. Antrag auf Nichtigkeit durch pharmazeutische Unternehmen

 

Orientierungssatz

Zur Antragsbefugnis von pharmazeutischen Unternehmen auf Nichtigkeit der Festbetragsgruppen-Neubestimmungsverordnung, soweit es durch die Verordnung zu Absenkungen hinsichtlich der Festbeträge für bestimmte Arzneimittelwirkstoffe und Wirkstoffkombinationen gekommen ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.11.2004; Aktenzeichen B 3 KR 10/04 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der (Rechts-)Verordnung zur Neubestimmung von Arzneimittel-Festbetragsgruppen (Festbetragsgruppen-Neubestimmungsverordnung - FGNV -) vom 21. Januar 2003 (BGBl. I, 93).

Die Antragstellerinnen sind konzernverbundene pharmazeutische Unternehmen, die u.a. die Fertigarzneimittel Accupro und Accuzide vertreiben. Bei dem Arzneimittel Accupro handelt es sich um einen so genannten Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer (ACE-Hemmer), der den Wirkstoff Quinaprilhydrochlorid enthält. Dieser Wirkstoff, der bis zum 14. April 2004 unter europäischem Patentschutz steht, ist seit dem 24. Januar 1991 in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Handelsnamen Quinapril als Arzneimittel zugelassen, und zwar zur Behandlung der essentiellen Hypertonie sowie der Herzinsuffizienz, Letzteres zusätzlich zu Diuretika und insbesondere bei schwerer Herzinsuffizienz auch zu Digitalis. Bei dem Arzneimittel Accuzide handelt es sich um eine Kombination der Wirkstoffe Quinapril und Hydrochlorothiazid, die zur Behandlung der essentiellen Hypertonie bei Patienten eingesetzt wird, deren Bluthochdruck mit Quinapril allein nicht ausreichend gesenkt werden konnte.

Bereits im Jahre 1995 wurden der Wirkstoff Quinapril sowie die Kombinationen der Wirkstoffe Quinapril und Hydrochlorothiazid auf der Grundlage des § 35 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) durch Allgemeinverfügungen der Spitzenverbände der Krankenkassen in das Festbetragssystem der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und dort unter Zuweisung eines bestimmten Äquivalenz- bzw. Vergleichsfaktors der Festbetragsgruppe der ACE-Hemmer (feste orale Darreichungsformen) bzw. der Festbetragsgruppe der Kombinationen von Hydrochlorothiazid mit ACE-Hemmern (orale Darreichungsformen) zugeordnet. Nachdem sich die Antragstellerinnen in mehreren Rechtsstreiten vor dem Sozialgericht Köln hatten durchsetzen können, betrug der Äquivalenzfaktor für den Wirkstoff Quinapril 1,0 und der Vergleichsfaktor für die Kombination der Wirkstoffe Quinapril und Hydrochlorothiazid bezogen auf 10 mg Quinapril und 12,5 mg Hydrochlorothiazid 13 sowie bezogen auf 20 mg Quinapril und 12,5 mg Hydrochlorothiazid 15. Bezogen auf die so genannte Standardpackung waren für die Gruppe der ACE-Hemmer 93,36 DM und die Gruppe der Kombinationen von Hydrochlorothiazid mit ACE-Hemmern 155,22 DM als jeweiliger Festbetrag festgesetzt.

Im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995 an das Bundesverfassungsgericht, die in der kartellrechtlichen Judikatur der Zivilgerichte und in der Haltung des Bundeskartellamtes zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlagen der Festbetragsfestsetzungen und die Bestimmung der Festbeträge (vgl. BT-Drucks. 14/6041, S. 1) beschloss der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung (Festbetrags-Anpassungsgesetz - FBAG -) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1947 ff.). Dieses enthält in dem in das SGB V eingefügten § 35 a Abs. 1 u.a. eine Ermächtigungsgrundlage für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), bis zum 31. Dezember 2003 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates einmalig die Festbeträge für Arzneimittel anzupassen und im Ausnahmefall bei sachlich gebotenem Änderungsbedarf, insbesondere bei neuem wissenschaftlichen Erkenntnisstand oder infolge gerichtlicher Entscheidungen, Gruppen von Arzneimitteln neu zu bestimmen und für diese Festbeträge festzusetzen.

Von dieser Ermächtigungsgrundlage machte das BMG Gebrauch und erließ im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 1. November 2001 zunächst die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Verordnung zur Anpassung von Arzneimittel-Festbeträgen (Festbetrags-Anpassungsverordnung - FAVO -), die am 8. November 2001 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Mit dieser Verordnung wurde hinsichtlich des Kombinationen von Hydrochlorothiazid mit ACE-Hemmern eine Festbetragsanpassung vorgenommen, wobei die Vergleichsfaktoren für Quinapril-Hydrochlorothiazid-Kombinationen sowie der Festbetrag für die Standardpackung unverändert blieben. Hinsichtlich der ACE-Hemmer enthielt die Verordnung keine Regelung.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2002 teilte das BMG u.a. den Fachverbänden der Arzneimittelhersteller mit...

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