Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Kosten der Unterkunft der Unterkunft und Heizung durch den Grundsicherungsträger nach erforderlichem Umzug

 

Orientierungssatz

1. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, so wird nur der bisherige Bedarf anerkannt.

2. Ein Umzug in eine andere Wohnung ist notwendig, wenn die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen nicht mehr zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen.

3. Eine Deckelung des anzuerkennenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe des bisherigen Bedarfs hat nur dann zu erfolgen, wenn für den örtlichen Vergleichsraum zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen (BSG Urteil vom 17. 2. 2016, B 4 AS 12/15 R).

4. Die Kosten der Unterkunft und Heizung der neuen Wohnung sind zu übernehmen, soweit diese Kosten angemessen sind.

5. Bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels kann davon ausgegangen werden, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt.

6. § 22 Abs. 1 SGB 2 erfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung in einer Summe fällig wird, ist sie als tatsächlicher aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen. Nachzahlungen gehören damit zum aktuellen Bedarf im Nachzahlungsmonat.

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2013 aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 4. Oktober 2011 und vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. November 2011 verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung, nämlich für Oktober 2011 von 83,53 Euro, für November 2011 von 215,72 Euro (132,19 Euro zuzüglich 83,53 Euro) und für Dezember 2011 bis März 2012 von jeweils 83,53 Euro monatlich zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren von dem Beklagten weitere Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 von insgesamt 643,99 Euro.

Die im April 1952 geborene Klägerin zu 1 und der im April 1952 geborene Kläger zu 2, die miteinander verheiratet sind, bewohnten vom 1. Mai 2004 bis 30. September 2010 eine 46,18 m2 große Wohnung im T in Berlin, die zu einem Gebäude gehört, dessen beheizbare Grundfläche 34.278 m2 beträgt und die mittels Fernwärme beheizt wird. Die Gesamtmiete betrug ab 1. Juni 2010 365,94 Euro, bestehend aus Grundmiete von 232,94 Euro, Vorauszahlung Betriebskosten von 50 Euro, Vorauszahlung Heizkosten von 61 Euro und Vorauszahlung Kalt-/ Abwasserkosten von 22 Euro.

Zum 1. Oktober 2010 zogen die Kläger in eine 57,31 m2 große Wohnung mit Balkon in der L-Straße in B, die zu einem Gebäude gehört, dessen beheizbare Grundfläche 20.812 m2 beträgt und die mittels Fernwärme beheizt wird. Die Gesamtmiete beträgt 480,28 Euro, bestehend aus der Nettokaltmiete von 316,37 Euro, Vorauszahlung Betriebskosten von 73,93 Euro, Vorauszahlung Sammelheizung und Warmwasserversorgung von 62,47 Euro und Vorauszahlung Kaltwasser von 27,51 Euro.

Der Beklagte hatte den Klägern für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 30. September 2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites (SGB II) zuletzt in Höhe von 146,75 Euro monatlich (ausschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung) bewilligt. Dabei waren die Kosten der Unterkunft und Heizung um die in der Regelleistung enthaltene Warmwasserpauschale um jeweils 5,82 Euro gemindert worden (Änderungsbescheid vom 9. Juni 2010).

Auf den im September 2010 gestellten Antrag auf Weiterbewilligung, mit dem die Kläger unter Beifügung eines Auszuges des entsprechenden Mietvertrages auf ihre neue Wohnung ab 1. Oktober 2010 hingewiesen hatte, hatte ihnen der Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 in Höhe von 146,75 Euro (ausschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung) gewährt. Die Kosten der Unterkunft und Heizung waren um die bereits in der Regelleistung enthaltene Warmwasserpauschale um jeweils 5,82 Euro gemindert worden. Als Kosten der Unterkunft und Heizung waren nur die bisherigen Kosten in Höhe von 365,94 Euro berücksichtigt worden. Als Grund hierfür war die fehlende Zusicherung zum Umzug in die neue Wohnung angegeben worden. Mit Änderungsbescheid vom 5. Mai 2011 hatte der Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 eine Erhöhung der Leistungen nach dem SGB II um die Kosten der Warmwasserbereitung, soweit diese von den tatsächlichen angemessenen Kosten der Unterkunft abgez...

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