Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschlussheilbehandlung. Altersteilzeit. medizinische Rehabilitation. passive Phase

 

Leitsatz (amtlich)

Der Rentenversicherungsträger ist für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zuständig, auch wenn sich der Versicherte in der passiven Phase eines Altersteilzeitmodells befindet.

 

Orientierungssatz

1. Bei einem aufgestockten Entgelt handelt es sich nicht um Leistungen für Personen, die dauerhaft aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und durch betriebliche Versorgungsleistungen auf die Altersrente hingeführt werden. Der Arbeitnehmer scheidet noch nicht dauerhaft aus dem Arbeitsleben aus. Der Phase der Altersteilzeit könnte sich eine weitere Arbeitsphase anschließen. Der Arbeitnehmer könnte nach Abschluss der Altersteilzeit Arbeitslosengeld beanspruchen. Er ist deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht gehalten, Altersrente zu beanspruchen. Seiner Rechtsnatur nach ist das Altersteilzeitverhältnis ein vollwertiges Arbeitsverhältnis (vgl BSG vom 26.6.2007 - B 1 KR 34/06 R = BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4).

2. Nur der bereits gestellte Rentenantrag schließt nach der gesetzlichen Regelung Reha-Leistungen des Rentenversicherungsträgers zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit aus.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.988,87 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von 1.988,87 Euro für von ihr erbrachte Leistungen der medizinischen Rehabilitation in Form einer Anschlussheilbehandlung (AHB).

Der 1944 geborene Versicherte K G(Versicherter - V) ist bei der Klägerin renten- und bei der Beklagten krankenversichert. Er befand sich seit Juni 2007 in der passiven Phase (Freistellungsphase) eines Altersteilzeitmodells. Im Anschluss an ein stationären Krankenhausaufenthalt hielt sich der V vom 11. Dezember 2007 bis zum 1. Januar 2008 in einer Rehaklinik zur AHB-Behandlung auf.

Die Klägerin bewilligte die AHB mit Bescheid vom 28. Dezember 2007. Die AHB werde von ihr im Auftrag und für Rechnung der Krankenkasse durchgeführt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leistung durch den Rentenversicherungsträger nicht erfüllt seien. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13. März 2008 mit, deren Auffassung, dass ein Ausschlussgrund gemäß § 12 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) vorliege, weil sich der V in der passiven Phase seiner Altersteilzeit befinde, nicht zu teilen. Ein Ausschlussgrund gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 a SGB VI liege nicht vor (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 - B 1 KR 34/06 -). Nach der Rechtsprechung des BSG könne die Altersteilzeit nicht mit dem dauerhaften Ausscheiden aus dem Arbeitsleben gleichgesetzt werden.

Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 1. April 2008, durch den Rentenversicherungsträger zu erbringende Leistungen zur medizinischen Rehabilitation setzten voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten durch die Leistungen wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden könnten (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 10 SGB VI). Die Vorschrift gehe davon aus, dass der Versicherte auch nach Durchführung der Reha-Leistung noch eine gewisse Zeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Dies sei in der passiven Phase eines laufenden Altersteilzeitmodelles nicht der Fall. Eine weitere Beschäftigung bzw. dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben sei nicht mehr vorgesehen.

Sie hat am 30. April 2008 beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben, mit der sie 1.963,67 Euro Pflegekosten sowie 25,20 Euro sonstige Kosten (Befundbericht), also insgesamt 1.988,87 Euro begehrt. Im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung liege nach der gängigen Verwaltungspraxis der Klägerin ein Grund, Anschlussrehabilitationsleistungen nach den § 9 ff SGB VI auszuschließen, in der Regel vor, wenn nach der Altersteilzeit-Vereinbarung die tatsächliche Beschäftigung innerhalb von 6 Monaten nach Eingang des Rehabilitationsantrages ende. Um ein vorzeitiges Ausscheiden bereits innerhalb der nächsten 6 Monate zu verhindern, bedürfe es keiner Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der V hier habe seinen geplanten dauerhaften Ausstieg aus dem Erwerbsleben dadurch dokumentiert, dass er ab Juni 2007 in die passive Phase der Altersteilzeit eingetreten sei. Deshalb greife der Ausschlussgrund des § 12 Abs. 1 Nr. 4 a SGB VI. Sie hat sich ergänzend auf das Urteil des BSG vom 14. Dezember 2006 (B 4 R 19/06 R) berufen. Auch danach ende das Erwerbsleben im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI grundsätzlich mit dem Beginn der Freistellungsphase. § 7 Abs. 1 a Sozialgesetzbuch 4. Buch stehe dem nicht entgegen, weil dort lediglich das rechtliche Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses angeordnet werde.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass das Urteil des BSG vom 26. Juni 2007 (- B 1 KR 34/06 R -) neuer sei als dasjenige vom 14. Dezember 2006. Auch ergebe sich aus § 10 Altersteilzeitgesetz (ATG), dass ein Versich...

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