Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung bzw -berechnung. Absetzbeträge. mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben. Schüler-BAföG. keine Absetzung von Schulgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Das Schulgeld für den Besuch einer kostenpflichtigen privaten Bildungseinrichtung ist keine mit der Erzielung von BAföG-Leistungen verbundene Aufwendung, weil es nicht durch die Einkommenserzielung bedingt ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 25. September 2016 bis zum 31. August 2017.

Der am in W geborene Kläger, der seit 2013 die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wohnte zunächst mit seiner hilfebedürftigen Mutter und seiner Schwester in einem gemeinsamen Haushalt. Ab dem 1. September 2011 mietete er ohne vorherige Zustimmung des zuständigen Grundsicherungsträgers eine eigene Einzimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 40,00 Quadratmetern und dezentraler Warmwasserversorgung an, die er auch im streitigen Zeitraum bewohnte. Er hatte eine Bruttowarmmiete von 406,66 EUR zu zahlen.

Am 3. September 2015 beantragte der Kläger bei dem Beklagten einen Bildungsgutschein für eine beabsichtigte Ausbildung zum Physiotherapeuten. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 3. September 2015 ab.

Am 1. Oktober 2015 nahm der Kläger die Ausbildung zum staatlich anerkannten Physiotherapeuten an einer privaten Berufsfachschule auf. Die Ausbildungsgebühren betrugen zunächst monatlich 300,00 EUR und anschließend im streitigen Zeitraum 350,00 EUR. Für die Monatskarten des öffentlichen Nahverkehrs wandte er jeweils 44,50 EUR auf.

Der Kläger erhielt laufende Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), und zwar in der Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. September 2016 in Höhe von 465,00 EUR und vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2017 in Höhe von 504,00 EUR. Zudem bezog er bis zum 30. September 2016 Kindergeld in Höhe von 190,00 EUR.

Auf den am 5. September 2016 eingegangenen Leistungsantrag des Klägers gewährte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 14. Oktober 2016 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. September 2016 bis zum 31. August 2017, und zwar 45,19 EUR für den Monat September 2016 und jeweils 415,95 EUR für die Monate Oktober 2016 bis August 2017. Hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. September 2016 bis zum 24. September 2016 lehnte er den Antrag jedoch mit der Begründung ab, dass der Kläger vor der Vollendung seines 25. Lebensjahres am 25. September 2016 ohne Zustimmung des Beklagten aus dem Haushalt seiner Mutter ausgezogen sei. Bei der Bewilligung der Leistungen berücksichtigte der Beklagte monatlich für die Zeit bis zum 24. September 2016 einen Regelbedarf in Höhe von 340,00 EUR und ab dem 25. September 2016 in Höhe von 404,00 EUR sowie einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserzeugung in Höhe von 9,29 EUR sowie einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 406,66 EUR. Der Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserzeugung und der Bedarf für Unterkunft und Heizung wurden für den Monat September nur anteilig berücksichtigt. Auf die Bedarfe rechnete der Beklagte im gesamten Bewilligungszeitraum die Leistungen der Ausbildungsförderung von 504,00 EUR nach Absetzung einer Aufwendungspauschale von 100,00 EUR und im September 2016 auch das Kindergeld als Einkommen an.

Der Kläger legte hiergegen am 11. November 2016 Widerspruch ein und gab zur Begründung an, bei der Einkommensanrechnung seien ausbildungsbedingte Ausgaben zu Unrecht unberücksichtigt geblieben. Der Bedarf für Unterkunft und Heizung sei auch für die Zeit vom 1. September 2016 bis zum 24. September 2016 zu erbringen, weil der Umzug wegen beengter Wohnverhältnisse notwendig gewesen sei.

Mit Änderungsbescheid vom 26. November 2016 berücksichtigte der Beklagte, dass der gesetzliche Regelbedarf ab dem 1. Januar 2017 auf 409,00 EUR erhöht wurde. Dementsprechend berücksichtigte er ab diesem Zeitpunkt einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserversorgung in Höhe von 9,41 EUR.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2017 unter Beibehaltung seiner Rechtsauffassung zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 17. Februar 2017 bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben und höhere Leistungen nur noch für die Zeit vom 25. September 2016 bis zum 31. August 2017 geltend gemacht. Von dem Einkommen seien ausbildungsbedingte Aufwendungen in einer monatlichen Gesamthöhe von 394,50 EUR abzusetzen (350,00 EUR Schulgeld und 44,50 EUR Fahrtkosten).

Mit Änderungsbescheid vom 3. April 2017 hat der Beklagte für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen gewährt, und ...

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