Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit der Einlegung einer Berufung mittels E-Mail

 

Orientierungssatz

In den Ländern Berlin und Brandenburg kann eine Berufung nur dann wirksam durch E-Mail eingelegt werden, wenn die E-Mail mit einer elektronischen Signatur versehen ist. Eine einfache E-Mail genügt auch dann nicht zur wirksamen Rechtsmitteleinlegung, wenn ihr die eigenhändig unterschriebene und anschließend per Scan digitalisierte Berufungsschrift als pdf-Datei beigefügt ist, jedenfalls soweit die angehängte Datei nicht mehr innerhalb der Berufungsfrist ausgedruckt werden kann.

 

Tenor

Die Berufung wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt in der Sache im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens die Berücksichtigung weiterer Zeiten als Berufsausbildungs- sowie Pflichtbeitragszeiten.

Mit seiner bei dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die in den Bescheiden der Beklagten vom 01. August 2005 und 16. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2007 sowie in den Bescheiden vom 20. Dezember 2005 und 17. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12. April 2007 fehlende Berücksichtigung von Zeiträumen gewendet.

Mit Gerichtsbescheid vom 23. Juni 2011 hat das SG Berlin nach einem angenommenen Teilanerkenntnis die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe die nunmehr noch im Streit stehenden Zeiträume (vom 11. Mai bis zum 14. Juni 1979 als Berufsausbildungszeit, vom 07. bis 08. November 1989 als Beitragszeit, vom 01. bis 03. September 1998 als Pflichtbeitragszeit) zu Recht nicht in den Versicherungsverlauf aufgenommen.

Gegen den ihm am 28. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger per e-mail mit einem von ihm verfassten und eigenhändig unterschriebenen Schriftsatz vom 28. Juli 2011, den er anschließend eingescannt und als Portable-Document-Format (PDF)-Datei angehängt hatte, Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingelegt. Ausweislich der Eingangsbestätigung ist die Berufungsschrift auf dem Server des LSG Berlin-Brandenburg am 28. Juli 2011 um 21:42 Uhr eingegangen. Der PDF-Anhang mit der Berufungsschrift wurde erst am 29. Juli 2011 ausgedruckt.

Mit Schreiben vom 12. August 2011 hat die Senatsvorsitzende ihn darauf hingewiesen, dass die Berufungsfrist am 28. Juli 2011, einem Donnerstag, geendet habe (§ 64 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫), und dem Kläger Gelegenheit zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 67 SGG) gegeben.

Nachdem der Kläger, ebenfalls per e-Mail, vorgetragen hatte, dass nach der Eingangsbestätigung die Berufung am 28. Juli 2011 um 21:00 Uhr, also fristgerecht, eingegangen sei, hat die Vorsitzende ihm unter nochmaligem Hinweis auf die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages folgendes mitgeteilt:

„Es ist - nachdem nunmehr auch die Ausdrucke des Prüfprotokolls vom 29.07.2011, der Visitenkarte etc. (siehe beigefügte Kopie) zur Akte gelangt sind - zwar davon auszugehen, dass von Ihnen noch am 28. Juli 2011 gegen 21:00 Uhr die Datei „Berufung.pdf“ (Ausdruck: Berufung vom 28. Juli 2011) dem Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach per E-Mail übermittelt worden ist, dies genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine formgerechte Einlegung der Berufung. Wie dem Prüfprotokoll vom 29. Juli 2011 zu entnehmen ist (siehe Abschnitt: Zertifikat für den Signaturschlüssel des Autors Stahn), fehlt es an einem qualifizierten Zertifikat und somit an der erforderlichen qualifizierten Signatur i.S.v. § 2 Nr. 3 Signaturgesetz i.V.m. §§ 151 Abs. 1, 65a Abs. 1 Satz 3 SGG, § 2 Abs. 3 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 i.d.F. der Dritten Änderungsverordnung vom 08. September 2010 (ERV-VO Brgb) bzw. § 2 Abs. 3 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Land Berlin vom 27. Dezember 2006 i.d.F. der Zweiten Änderungsverordnung vom 09. Dezember 2009 (ERVJustizV). Auf die Notwendigkeit einer qualifizierten Signatur bei Einlegung der Berufung im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs sind Sie in der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids des SG Berlin vom 23. Juli 2011 hingewiesen worden. Zudem ist er bzgl. der Anforderungen an eine qualifizierte Signatur auf die Veröffentlichungen der Länder Berlin und Brandenburg zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr unter den Internetdressen „http://www.berlin.de/sen/justiz/aktuell/erv“ bzw. „http://www.erv.brandenburg.de“ in der Rechtsmittelbelehrung hingewiesen worden. Ohne Nachweis eines qualifizierten Zertifikats im Zeitpunkt der Erzeugung der Signatur ist jedoch die für eine wirksame Einlegung der Berufung erforderliche Schriftform nach § 151 Abs. 1 SGG nicht gewahrt. Eine den Formerfordernissen entsprechende Berufungsschrift (schriftlich - d. h. mit Unterschrift versehen, wobei Übermittlung nur per E-Mail nich...

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