Entscheidungsstichwort (Thema)

Vormerkung einer Anrechnungszeit wegen Schulausbildung. Rentenbescheid. Rechtsänderung. 17. Lebensjahr

 

Orientierungssatz

Auch Verwaltungsakte, mit denen für die Leistungsbewilligung maßgebende Tatbestände bindend festgestellt werden, wie dies bei rentenrechtlichen Vormerkungsbescheiden der Fall ist, gestalten die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des bewilligenden Verwaltungsaktes maßgebende materielle Rechtslage.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Juni 2010 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 26. Juli 2010 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1959 geborene Klägerin begehrt die Berücksichtigung des Zeitraums vom 17. Februar 1975 bis 16. Februar 1976 als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres.

Mit Bescheid vom 30. März 1989 merkte die Beklagte den Zeitraum vom 17. Februar 1975 bis 12. März 1976 als Ausfallzeit nach § 36 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) mit dem Zusatz “Schulausbildung„ vor.

Mit Bescheid vom 15. August 2002 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis 31. Dezember 1995 nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Dabei erfasste sie den streitigen Zeitraum nicht als Anrechnungszeit, sondern erst Zeiten ab 17. Februar 1976 (Anlage 2 Seite 1; Anlage 4, Seite 5 des Bescheides vom 15. August 2002). Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2003 zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 26. Mai 2003 gewährte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung (EM) ab 1. Juli 2002, wobei sie für die Zeit vom 17. Februar 1975 bis 16. Februar 1976 im beigefügten Versicherungsverlauf ausführte: Schulausbildung - keine Anrechnung„. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch stellte die Beklagte die EM-Rente der Klägerin mit Bescheid vom 27. November 2003 unter Berücksichtigung einer (weiteren) Anrechnungszeit vom 13. März 1976 bis 31. März 1976 neu fest und führte unter der Überschrift „Aussagen zu beantragten rentenrechtlichen Zeiten und weiteren Sachverhalten„ ergänzend aus, die Zeit vom 17. Februar 1975 bis 16. Februar 1976 könne nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden, weil die Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt worden sei.

Mit Schreiben vom 18. September 2006 beantragte die Klägerin eine Neuberechnung der Rente unter Berücksichtigung der zum Rentenabschlag bei EM-Renten ergangenen Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2006 - B 4 RA 22/05 R - vorzunehmen. Mit Schreiben vom 14. März 2007 erbat die Klägerin das “weitere Ruhen des Widerspruchsverfahrens„ und wies u.a. auf die Entscheidungen des BSG nach den Aktenzeichen B 4 RA 46/02 R, B 4 RA 36/02 R und B 4 RA 14/02 R (Stichwort: Schule) hin. Die Beklagte, die dies als Antrag auf Überprüfung des Rentenbescheides vom 27. November 2003 mit dem Ziel einer Berücksichtigung weiterer schulischer Ausbildungszeiten wertete, lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 28. März 2007 ab. Die Rechtsprechung des BSG sei in Fällen ergangen, in denen der Rentenbescheid wegen des Einlegens von Rechtsbehelfen durch den Rentenberechtigten nicht bestandskräftig geworden sei. Im Fall der Klägerin sei der Rentenbescheid allerdings in Bestandskraft erwachsen, so dass eine andere rentenrechtliche Situation bestehe. Nach dem insoweit einschlägigen § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) komme die Gewährung von Sozialleistungen, die den Berechtigten nach der materiellen Gesetzeslage tatsächlich nicht zustünden, nicht in Betracht. Eine Berücksichtigung schulischer Ausbildungszeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres sehe das Gesetz jedoch nicht mehr vor. Hiergegen erhob die Klägerin am 5. April 2007 Widerspruch. Die Eingangsbestätigung der Beklagten hierzu enthält den Hinweis, dass Ausbildungsanrechnungszeiten der Klägerin erstmals mit Bescheid vom 30. Juni 1999 vorgemerkt worden seien und über die Anrechnung der schulischen Ausbildungszeiten durch Bescheid vom 26. Mai 2003 entschieden worden sei. Mit Schreiben vom 25. April 2007 teilte die Klägerin mit, dass erstmals mit Bescheid vom 30. März 1989 bindend über die streitige schulische Ausbildungszeit entschieden und dieser Bescheid bislang nicht aufgehoben worden sei.

Mit Bescheid vom 25. Mai 2007 hob die Beklagte den “Bescheid vom 30. Juni 1999 über die Feststellung„ der Zeit vom 17. Februar 1975 bis 16. Februar 1976 nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mit der Begründung auf, die bisher vorgemerkten Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres könnte wegen einer Rechtsänderung nicht mehr berücksichtigt werden. Sie wies die Klägerin ferner darauf hin, dieser Bescheid werd...

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