Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Berücksichtigung des dem Grundsicherungsberechtigten gezahlten Fahrgeldes als Einkommen. Schätzung bei fehlendem Nachweis

 

Orientierungssatz

1. Auf den Hilfebedarf des Grundsicherungsberechtigten nach § 9 Abs. 1 SGB 2 ist das von ihm erzielte Einkommen anzurechnen. Eine berücksichtigungsfähige Einnahme besteht dann, wenn der dem Beschäftigten zugeflossene Wert diesen bereichert.

2. Vom Arbeitgeber gezahltes pauschaliertes Fahrgeld zählt nicht als Einkommen, weil damit die tatsächlichen Benzinkosten abgedeckt werden. Liegen Nachweise für deren Höhe nicht vor, so sind die Kosten nach § 202 SGG i. V. m. § 287 Abs. 2 ZPO vom Gericht zu schätzen.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juni 2013 geändert.

Der Beklagte wird unter Änderung der Änderungsbescheide vom 02. August 2011, 15. August 2011 und 19. September 2011, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. November 2011 (W 4389/11, 5645/11), der Änderungsbescheide vom 26. November 2011 und 20. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2012 (W 6345/12) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. März 2012 und des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 21. November 2012, des Änderungsbescheides vom 20. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2012 (W 1723/12) sowie des Bewilligungsbescheides vom 02. Februar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2012 (W 833/12, 1311/12) in der Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 31. August 2012 verpflichtet, dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II i.H.v. 113,01 € für Mai 2011, 117,71 € für Juni 2011, 103,29 € für Juli 2011, 104,78 € für August 2011, 103,09 € für November 2011, 112,52 € für Januar 2012, 115,61 € für Februar 2012, 180,83 € für März 2012, 163,99 € für April 2012 und 137,09 € für Mai 2012 zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte erstattet dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewilligung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeiträume 01. April bis 31. August 2011, November 2011 sowie 01. Januar bis 31. Mai 2012.

Der 1981 geborene, allein lebende Kläger bewohnt eine rund 50 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung mit zentraler Warmwasserversorgung unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Adresse, für welche er ab dem 01. Januar 2011 eine Gesamtmiete i.H.v. 407,81 € (272,89 € Grundmiete zzgl. Vorauszahlungen für Betriebskosten i.H.v. 78 € und für Heizkosten i.H.v. 56,92 €) sowie ab dem 01. Januar 2012 i. H. v. 397,81 € (272,89 € Grundmiete zzgl. Vorauszahlungen für Betriebskosten i. H. v. 68 € und für Heizkosten i.H.v. 56,92 €) schuldete. Ab Oktober 2010 übte er eine geringfügige Beschäftigung als Kurierfahrer (Transport der B Zeitung) bei dem Unternehmen DT-Trans D T, S Str. 58a, 1 B aus (schriftlicher Arbeitsvertrag vom 01. April 2011). Zur Ausübung der Tätigkeit verwendete der Kläger bis einschließlich 14. Februar 2013 sein laut Fahrzeugschein im Oktober 2009 erworbenes privates Kfz, einen Rover 620 Si mit Benzinmotor Baujahr 1995. Der Stundenlohn belief sich auf 6,75 € brutto. Für die im Rahmen seiner Auslieferungstouren jeweils nachts gefahrene Strecke (je Tour 96 km, Festsetzung laut Arbeitsvertrag vom 01. April 2011) erhielt er eine Fahrtkostenerstattung seitens des Arbeitgebers einschließlich Benzinkosten, Fahrzeugabnutzung etc. i.H.v. 0,25 € je km. Das Gehalt war jeweils nachträglich im Folgemonat fällig. Am 04. Januar 2012 bezahlte er 297,20 € Kfz-Haftpflichtversicherung für den Beitragszeitraum 01.01.2012 bis 01.01.2013.

Laut noch vorliegenden Stundennachweisen des Arbeitgebers absolvierte er Touren in folgendem Umfang:

Monat

Anzahl gefahrener Touren

März 2011

April 2011

8

Mai 2011

10

Juni 2011

9

Juli 2011

9

August 2011

9

September 2011

Oktober 2011

November 2011

11

Dezember 2011

Januar 2012

10

Februar 2012

6

März 2012

11

April 2012

11

Mai 2012

4

Die Netto(= Brutto)-Bezüge des Klägers beliefen sich laut Gehaltsabrechnungen ab dem 01. Februar 2011 auf folgende Beträge:

Zeitraum

Auszahlungsmonat

Auszahlungsbetrag in €

hiervon steuerfreies

Fahrgeld in €

Februar 2011

März 2011

595,35

0

März 2011

April 2011

391,50

0

April 2011

Mai 2011

361,35

230,40

Mai 2011

Juni 2011

403,69

240,00

Juni 2011

Juli 2011

375,13

216,00

Juli 2011

August 2011

375,13

216,00

August 2011

September 2011

375,13

216,00

September 2011

Oktober 2011

375,13

216,00

Oktober 2011

November 2011

378,09

216,00

November 2011

Dezember 2011

411,32

264,00

Dezember 2011

Januar 2012

421,41

240,00

Januar 2012

Februar 2012

403,69

240,00

Februar 2012

März 2012

157,28

144,00

März 2012

April 2012

444,06

264,00

April 2012

Mai 2012

458,83

264,00

M...

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