Entscheidungsstichwort (Thema)

Saldierung von beitragsgeminderten Zeiten im Rahmen der Ermittlung des Zuschlags von Entgeltpunkten nach § 71 Abs 2 SGB 6. Zusammentreffen von Anrechnungszeiten nach § 252a Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 mit Beitragszeiten. Zusammentreffen von Anrechnungszeiten nach § 252a Abs 2 S 1 SGB 6 mit Beitragszeiten

 

Orientierungssatz

1. Es ist nicht zulässig, beitragsgeminderte Zeiten, in denen Beitragszeiten mit Anrechnungszeiten wegen Schwangerschaft zusammenfallen, und beitragsgeminderte Zeiten, in denen Beitragszeiten mit Anrechnungszeiten für Arbeitsausfalltage zusammenfallen, im Rahmen von § 71 Abs 2 SGB 6 in einer Gruppe zusammenzufassen.

2. Die Bildung von "Gruppen" im Rahmen von § 71 Abs 2 SGB 6 kann nur in der Weise erfolgen, dass alle/nur Zeiten, die gemeinsam den Tatbestand einer beitragsfreien Zeit erfüllen, zusammengefasst werden. Nur insofern kann jeweils ein Vergleich der Summe der Entgeltpunkte auf der Grundlage der Vergleichsbewertung der Gesamtleistungsbewertung und der Summe der Entgeltpunkte für Beitragszeiten durchgeführt werden (vgl BSG vom 27.4.2010 - B 5 R 62/08 R = SozR 4-2600 § 71 Nr 5).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.06.2016; Aktenzeichen B 13 R 23/15 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Februar 2014 wird zurückgewiesen, soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung für das Verfahren in beiden Instanzen jeweils zur Hälfte zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zuerkennung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die sie seit dem 1. Januar 2003 von der Beklagten bezieht.

Am 5. September 2012 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei der Beklagten für die Klägerin die Neuberechnung der Rente und bezogen sich hierbei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. April 2010 zum Geschäftszeichen B 5 R 62/08 R. Hierzu vertraten sie die Auffassung, die bei der Klägerin festgestellten Zeiträume, in denen beitragsgeminderte Zeiten mit Anrechnungszeiten wegen Schwangerschaft bzw. mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitsausfalltagen zusammentrafen, seien jeweils getrennt zu berücksichtigen und dürften nicht zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2012 stellte die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente neu fest, gelangte hierbei jedoch nicht zu einer Veränderung des Rentenbetrages. In Anlage 4 auf Seite 6 des Bescheides vom 30. Oktober 2012 ging die Beklagte davon aus, dass für die Klägerin insgesamt zwei Monate mit Beitragszeiten und Anrechnungszeiten wegen Schwangerschaft zu verzeichnen seien (August 1961 und September 1961) sowie elf Monate mit Beitragszeiten und mit Anrechnungszeiten für Arbeitsausfalltage (November 1975, November 1976, Oktober 1977, Oktober 1978, November 1983, März 1986, April 1986, Dezember 1986, November 1987, Dezember 1988 sowie Dezember 1989). Diese Zeiträume fasste sie zu insgesamt 13 Monate zusammen und errechnete hieraus 0,4492 Entgeltpunkte.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2013 zurück und führte zur Begründung aus, das von der Klägerin angeführte Urteil des Bundessozialgerichts betreffe einen anderen Fall. Anders als dort könnten beitragsgeminderte Zeiten wegen Schwangerschaft und für Arbeitsausfalltage zu einer Gruppe zusammengefasst werden.

Mit der am 14. März 2013 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Mit Urteil vom 3. Februar 2014 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2013 verpflichtet, der Klägerin eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Januar 2003 unter Berücksichtigung eines nach den beitragsgeminderten Zeiten wegen Schwangerschaft und wegen Arbeitsausfalltagen jeweils gesondert ermittelten Zuschlags nach § 71 Abs. 2 Sozialgesetzbuch / Sechstes Buch (SGB VI) zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Berechnung der Beklagten könne sich nicht auf § 71 Abs. 2 SGB VI stützen. Der nach dieser Vorschrift zu bildende Zuschlag für beitragsgeminderte Zeiten der Klägerin wegen Schwangerschaft und wegen Arbeitsausfalltagen sei jeweils gesondert zu ermitteln und dürfe nicht, wie im Bescheid vom 30. Oktober 2012 geschehen, unter Anwendung einer Saldierung ermittelt werden. Das Urteil ist der Beklagten am 7. Februar 2014 zugestellt worden.

Mit der hiergegen am 26. Februar 2014 erhobenen Berufung macht die Beklagte geltend, die von ihr durchgeführte Berechnung sei zutreffend. Insbesondere betreffe das Urteil des Bundessozialgerichts, auf das sich neben der Klägerin auch das Sozialgericht gestützt habe, einen anderen Sachverhalt. Die Ausführungen des Bundessozialgerichts stünden einer Gruppenbildung in dem vorliegenden Fall nicht entgegen.

Soweit das Verfahren Ansprüche auf Rentenzahlung für Zeiträu...

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