Entscheidungsstichwort (Thema)

Verrechnung. Insolvenz. Restschuldbefreiungsphase. Pfändungsfreigrenze. Verwaltungsakt. Ermächtigung. Genehmigung. Insolvenzmasse. Zwangsvollstreckung. Insolvenzforderung. Aufrechnung. Prozesskostenhilfe. Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Verrechnung nach § 52 SGB I erfolgt in der Form eines Verwaltungsakts.

2. Die Verrechnung ist auch zulässig, wenn sich der Betroffene in der sog. Restschuldbefreiungsphase nach § 291 InsO befindet. Dies gilt selbst dann, wenn die Forderung, wegen der die Aufrechung erfolgt, eine Insolvenzforderung ist.

3. Eine gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG scheidet regelmäßig aus, wenn der betroffene Zeitraum vollständig in der Vergangenheit liegt.

 

Normenkette

SGB I §§ 51-52, 54; InsO §§ 80, 96, 114, 287 Abs. 2, §§ 291, 294 Abs. 1, 3; ZPO §§ 114, 850c; BGB § 185 Abs. 2; SGG §§ 73a, 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 3

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Januar 2009 bezüglich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage wird, soweit ihr nicht durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. März 2009 abgeholfen worden ist, zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Januar 2009 bezüglich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 19 R 867/08 ER des Sozialgerichts Frankfurt/Oder aufgehoben. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab dem 15. Dezember 2008 bewilligt und Rechtsanwalt P W, G Straße, F beigeordnet.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 26. Januar 2009 ist zulässig. Sie ist jedoch - soweit ihr nicht durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. März 2009 abgeholfen wurde - nicht begründet.

Der Antragsteller ist prozessfähig. Die Verrechnung der Antragsgegnerin erfolgt, wie unten noch zu erläutern sein wird, in Teile des Arbeitseinkommens bzw. dessen Ersatz (hier die Altersrente), die nicht von dem Insolvenzbeschlag (§ 80 Insolvenzordnung - InsO -) bzw. der Abtretung an den Treuhänder gemäß § 287 Abs. 2 InsO erfasst sind, weil sie unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegen. Die Verfügungsbefugnis des Antragstellers besteht daher diesbezüglich in vollem Umfang.

Das Rechtsschutzgesuch des Antragstellers ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beurteilen. Hiernach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Antragsgegnerin hat die Verrechnung mit Beitragsforderungen der Bau-Berufsgenossenschaft (im Folgenden: BG) durch Verwaltungsakt vorgenommen. Dies ist auch die für die Verrechnung gemäß § 52 Sozialgesetzbuch I (SGB I) richtige Handlungsform, so dass es sich bei dem Bescheid vom 22. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2008 und den Bescheiden vom 22. Dezember 2008 und 20. März 2009nicht nur um so genannte “formelle Verwaltungsakte„ bzw. “Schein-Verwaltungsakte„ handelt und hier nur eine Regelungsanordnung in Betracht käme. Die Frage, ob eine Verrechnung durch Verwaltungsakt zu erfolgen hat, ist zwar höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Der 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat mit Beschluss vom 05. Februar 2009 (Az. B 13 R 31/08 R, dokumentiert in juris) bei dem 4. Senat des BSG angefragt, ob er an der in dem Urteil vom 24. Juli 2003 (Az. B 4 RA 60/02 R = SozR 4-1200 § 52 Nr. 1) geäußerten Rechtsauffassung festhält, dass eine Verrechnung nicht durch Verwaltungsakt zu erklären, sondern durch verwaltungsrechtliche Willenserklärung auszuüben sei. Der 13. Senat ist der Auffassung, dass in einer Verrechnungserklärung eine Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen liegt. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Auffassung des 13. Senats des BSG an und verweist, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des genannten Beschlusses.

Da es sich bei der Verrechnung um die Herabsetzung einer laufenden Leistung handelt, hat die Anfechtungsklage (vgl. Verfahren S 19 R 874/08 des Sozialgerichts Frankfurt /Oder) gegen die oben genannten Bescheide gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG keine aufschiebende Wirkung.

Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Dabei gilt der Grundsatz, dass je größer die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sind, umso geringer die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellen sind. Denn an der Vol...

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