Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der PKH-Beschwerde gem § 127 Abs 2 S 2 Halbs 2 ZPO. Nichterreichen des Beschwerdewertes der Berufung in der Hauptsache

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Beschwerde nicht zulässig, wenn in der Hauptsachte die Berufung nicht statthaft ist, weil der Beschwerdewert nicht erreicht wird.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Oktober 2008 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde, mit dem sich die Klägerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Oktober 2008 wenden, mit dem ihr Antrag abgelehnt worden ist, ihnen Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihnen Rechtsanwalt E beizuordnen, ist unzulässig. Sie ist nach §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht statthaft.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen des Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne trifft § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe - also die §§ 114 bis 127a ZPO - entsprechend. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nach dem ersten Fall des zweiten Halbsatzes der Vorschrift nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Nach § 144 Abs. 1 SGG - der dem den Beschwerdewert der Berufung regelnden § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entspricht - bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro (Satz 1 Nr. 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro (Satz 1 Nr. 2) nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Danach ist hier die Beschwerde ausgeschlossen, weil in der Hauptsache der Beschwerdewert der Berufung nicht erreicht wird und es nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht. Denn die Beteiligten streiten in der Hauptsache über weitere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für Kosten der Unterkunft in der Zeit vom 1. März 2007 bis zum 30. April 2007 in Höhe von insgesamt 344,94 Euro.

Zwar ist umstritten, ob § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren anwendbar ist (vgl. die zahlreichen Rechtsprechungs- und Literaturhinweise des 12. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008 - L 12 B 18/07 AL - juris, sowie die Beschlüsse des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 5. Dezember 2008 - L 8 AS 4968/08 - juris [bejahend] und des 13. Senats desselben Gerichts vom 23. Februar 2009 - L 13 AS 3835/08 - juris [verneinend]). Der Senat folgt aber der Auffassung, die die Vorschrift auch im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält. Sie entspricht dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des 12. Senats des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 15. Juli 2008 (a.a.O., RdNr. 14 bis 23).

§ 172 Abs. 3 SGG (in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung) steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn diese Vorschrift enthält keine spezielle - und damit auch die Vorschriften der Zivilprozessordnung nicht verdrängende - Regelung über einen Beschwerdeausschluss im sozialgerichtlichen Verfahren. Dagegen spricht schon der systematische Zusammenhang der Regelung. Nach Absatz 1 der Vorschrift findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, “soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.„ Damit eröffnet die Norm ausdrücklich abweichende - eine Beschwerde ausschließende - Regelungen im gesamten Sozialgerichtsgesetz. Wäre die in Absatz 3 der Vorschrift genannte Aufzählung von Ausschlusstatbeständen dagegen abschließend (gemeint gewesen), hätte in § 172 Abs. 1 SGG etwa die Formulierung “vorbehaltlich des Absatzes 3„ nahe gelegen. Demgegenüber enthält das Sozialgerichtsgesetz noch an zahlreichen anderen...

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