Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Korrektur einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Urteil

 

Orientierungssatz

1. Nach § 138 S. 1 SGG sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit von Amts wegen zu berichtigen.

2. Die Berichtigung einer ähnlich offenbaren Unrichtigkeit kommt nur unter zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen in Betracht. Zum einen darf es sich bei der Unrichtigkeit nicht um einen auf einer unrichtigen Tatsachenwertung oder auf einem Rechtsirrtum beruhenden Fehler in der Willensbildung des Gerichts handeln. Zum anderen muss die Unrichtigkeit offenbar sein, d. h. der Fehler im Ausdruck des Gewollten muss als solcher auch einem verständigen Außenstehenden klar erkennbar sein. Die Korrektur muss eine reine Förmlichkeit darstellen (BSG Beschluss vom 28. 1. 2004, B 6 KA 95/03 B).

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Berlin (SG), mit dem jenes seinen Berichtigungsantrag in Bezug auf den Gerichtsbescheid vom 3. April 2012 - S 128 AS 30550/11 - abgelehnt hat.

Mit dem genannten Gerichtsbescheid hatte das SG auf die Untätigkeitsklage des sachkundig vertretenen Klägers im Rechtsstreit S 128 AS 30550/11 mit dem Begehren, die Widersprüche des Klägers vom 15. Februar 2011 gegen den Bescheid vom 2. Februar 2011 und gegen die Bescheide vom 23. November 2010 zu bescheiden, für Recht erkannt:

“Der Beklagte wir verpflichtet, den Widerspruch des Klägers vom 15.2.2011 gegen den Bescheid des Beklagten vom 2.2.2011 zu bescheiden.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Widerspruch des Klägers vom 15.2.2011 gegen die Bescheide des Beklagten vom 23.11.2010 zu bescheiden.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites zu erstatten.„

Den Antrag auf Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Beklagten hat es mit Beschluss vom 26. September 2016 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 5. Dezember 2016 - L 10 AS 2503/16 B - zurückgewiesen.

Seine auf Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens gerichtete Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 19. Juni 2018 - S 128 AS 16759/16 WA - zurückgewiesen. Den hilfsweise gestellten Antrag des Klägers, den Tenor des Gerichtsbescheides vom 3. April 2012 dahingehend zu berichtigen, dass der Beklagte verpflichtet wird, den Leistungsantrag des Klägers vom 18. November 2010 zu bescheiden, hat das SG mit Beschluss vom 19. Juni 2018 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Berichtigung lägen nicht vor. Mit dem Tenor habe sich das Gericht erkennbar am seinerzeitigen Klageantrag orientieren wollen. Inwieweit die dahingehende Willensbildung des Gerichts fehlerhaft gewesen sei und der Tenor zweckmäßigerweise anders zu formulieren gewesen wäre, könne aufgrund des Berichtigungsantrags nicht überprüft werden.

Mit seiner Beschwerde macht der Kläger geltend, der Tenor sei nach dem eindeutig aus der Begründung des Gerichtsbescheides ersichtlichen gerichtlichen Willen zu berichtigen wie sich daraus ergebe, dass das SG ausgeführt habe, trotz Aufhebung des angegriffenen Bescheides sei die Untätigkeit noch nicht beendet gewesen und eine vollständige Abhilfe liege erst vor, wenn die Leistungsabteilung abschließend über den Anspruch des Klägers, also inhaltlich, entschieden habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2018 zu ändern und den Tenor des Gerichtsbescheides vom 3. April 2012 dahingehend zu berichtigen, dass er lautet: Der Beklagte wird verpflichtet, den Leistungsantrag des Klägers vom 18. November 2010 inhaltlich zu bescheiden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässige (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017 § 138 Rn. 5) Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das SG hat den Berichtigungsantrag des Klägers zu Recht und mit zutreffenden Gründen mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 138 SGG sind nicht gegeben.

Nach § 138 Satz 1 SGG sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Die Vorschrift gilt auch für Gerichtsbescheide (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG) und erfasst sämtliche Teile der Entscheidung, mithin auch den Tenor (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. April 2004 - L 4 B 1/04 KR - juris; Keller in a.a.O. Rn. 3c). Das Vorliegen eines Schreib- oder Rechenfehlers wird vom Kläger nicht gerügt und ist auch nicht aus den Akten ersichtlich. Indes liegt auch keine “ähnlich offenbare Unrichtigkeit„ vor.

Die Berichtigung einer einem Schreib- oder Rechenfehler “ähnlichen offenbaren Unric...

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