Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsnatur einer Überleitungsanzeige des Grundsicherungsträgers nach § 33 SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruchsübergang beim Gläubigerwechsel nach § 33 Abs. 1 S. 1 und 3 SGB 2 findet kraft Gesetzes im Wege der Legalzession statt. Weil er infolgedessen nicht mehr durch einen Verwaltungsakt bewirkt werden muss, bedarf es keines Verwaltungsaktes.

2. Die Überleitungsanzeige des Grundsicherungsträgers enthält keine Verfügung eines Anspruchsübergangs, sondern lediglich eine Mitteilung über die Folgen der Gewährung von Leistungen nach dem SGB 2 an den Hilfebedürftigen. Dies schließt eine materielle Betroffenheit des Grundsicherungsberechtigten durch die Überleitungsanzeige aus.

3. Die Mitteilung nach § 33 Abs. 3 S. 1 SGB 2 als Rechtswahrungsanzeige dient dazu, dem Leistungsträger die Inanspruchnahme des Anspruchsverpflichteten für die Vergangenheit zu sichern. Zugleich erhält der Anspruchsverpflichtete durch die Mitteilung Gelegenheit, seiner Zahlungsverpflichtung freiwillig nachzukommen, um so die Gewährung von Leistungen nach dem SGB 2 überflüssig zu machen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2020 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen ein mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenes Schreiben des Beklagten, mit dem gegenüber einem Dritten der Übergang eines eventuellen Anspruches der Klägerin gegenüber dem Dritten angezeigt wird.

Der im Januar 1986 geborenen Klägerin bewilligte der Beklagte auf deren am 29. August 2019 gestellten Antrag mit Bescheid vom 28. November 2019 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vorläufig für September 2019 und für November 2019 bis Januar 2020. Die Gewährung von Leistungen für August 2019 und für Oktober 2019 lehnte er ab. Mit Änderungsbescheid vom 16. Dezember 2019 bewilligte er für November 2019 bis Januar 2020 vorläufig höhere Leistungen. Am 30. Dezember 2019 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 16. Dezember 2019 sowie den vorangegangenen Bescheid vom 28. November 2019 ein. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 24. Januar 2020 bewilligte der Beklagte nochmals vorläufig höhere Leistungen für September 2019 und für November 2019 bis Januar 2020. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2020 wies er den Widerspruch der Klägerin zurück.

Mit Schreiben vom 28. November 2019, das mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, teilte der Beklagte U J mit, dass er der Klägerin ab 1. Oktober 2019 Leistungen gewähre. Ihrem Antrag sei zu entnehmen, dass sie gegenüber ihm noch einen Anspruch auf Begleichung offener Rechnungen habe. Dieser Anspruch könne aufgrund der Anrechnung als Einkommen oder als Vermögen zur Minderung oder zum Wegfall des Leistungsanspruches führen. Die Zahlungen des Beklagten hätten zur Folge, dass eventuelle Ansprüche aus Begleichung offener Rechnungen der Klägerin gegen ihn auf den Beklagten bis zur Höhe der erbrachten Leistungen übergingen (§ 33 SGB II). Er könne damit nur noch an den Beklagten mit befreiender Wirkung zahlen. Er solle die Höhe des Anspruchs mitteilen. Es werde dann geprüft, ob und in welcher Höhe Leistungen auf den Beklagten übergegangen seien, und die Höhe der von ihm zu erstattenden Leistungen beziffert.

Hintergrund dessen ist, dass die Klägerin gegenüber U J unter dem 17. Februar 2016, diesem am 23. Februar 2016 zugestellt, einen Vollstreckungsbescheid zum Mahnbescheid vom 23. Oktober 2015 über eine Hauptforderung aus Dienstleistungsvertrag über 4.140,00 Euro nebst Verfahrenskosten, Nebenforderungen und Zinsen erwirkt hatte.

Das an U J gerichtete Schreiben erhielt die Klägerin (ebenfalls) unter dem 28. November 2019 zur Kenntnisnahme übersandt.

Am 21. Februar 2020 nahm ihr Prozessbevollmächtigter auf einen Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 28. November 2019 Bezug und machte geltend, dieser Bescheid sei rechtswidrig, da die Voraussetzungen für einen Anspruchsübergang nach § 33 SGB II nicht vorlägen. Es fehle an der zeitlichen Kongruenz der Ansprüche. Ihre Ansprüche gegen ihren Schuldner seien auch bereits vor Antragstellung tituliert gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2020 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig: Einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 2019 betreffend Anspruchsübergang gemäß § 33 SGB II habe es nicht gegeben. Der erst am 20. Februar 2020 eingegangene Widerspruch sei nicht fristgerecht erhoben worden.

Am 27. April 2020 hat die Klägerin unter Beifügung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

Sie begehrt die Aufhebung des Bescheides vom 28. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2020 sowie die Feststellung, dass der Anspruch nicht auf den Beklagten übergegangen ist, und den Beklagten zu verpflichten, dem Schuldner gegenüber zu erklären, dass die Klägerin Anspruchsinhaberin i...

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