Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Zugrundelegung der Nettokaltmiete. Berücksichtigung der kalten Betriebskosten in voller Höhe

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gutachten zur Entwicklung von Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft erfüllt die vom BSG gestellten Mindestanforderungen an ein schlüssiges Konzept nicht, wenn für die Ermittlung der angemessenen Kosten nur die Nettokaltmiete zugrunde gelegt wurde. Dies gilt auch dann, wenn das JC die tatsächlichen kalten Betriebskosten in vollem Umfang übernommen hat.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerinnen und des Klägers werden die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Konstanz vom 29.01.2019 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2016 und des Bescheides vom 03.05.2016 sowie des Bescheides vom 19.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2017 und der Bescheide vom 22.05.2017 und 21.06.2017 verurteilt, den Klägerinnen und dem Kläger weitere Leistungen nach dem SGB II (Kosten der Unterkunft) für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis einschließlich 31.03.2016 monatlich in Höhe von 146,81 €, für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis einschließlich 31.12.2016 monatlich in Höhe von 121,81 €, für den Monat April 2017 in Höhe von 50,40 € und für den Zeitraum 01.05.2017 bis einschließlich 31.12.2017 monatlich in Höhe von 80,40 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 3/10 der außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen und des Klägers in beiden Rechtszügen.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen und der Kläger begehren höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Zugrundelegung der tatsächlichen Kosten ihrer Unterkunft für das gesamte Jahr 2016 sowie für das gesamte Jahr 2017.

Die 1971 geborene Klägerin zu 1 sowie die mit ihr zusammen lebenden Kinder, nämlich der im Juli 2010 geborene Kläger zu 2, die im Dezember 2003 geborene Klägerin zu 3, die im August 2005 geborene Klägerin zu 4 und die im Dezember 2007 geborene Klägerin zu 5 beantragten am 14.02.2012, zu diesem Zeitpunkt in der Fstraße in E, einer im Eigentum des Kindsvaters der Klägerinnen und des Klägers zu 2 bis 5 stehenden Eigentumswohnung wohnhaft, Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten ab 01.04.2012, nachdem ein früherer Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit mit Bescheid vom 24.01.2012 abgelehnt worden war. Im Zuge dieses früheren Antrags wurden die Klägerinnen und der Kläger auf die Mietobergrenze für fünf Personen in den Orten E und L hingewiesen. Zugleich beantragten die Klägerinnen und der Kläger die Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft im F1weg L; eine Doppelhaushälfte mit einer Bruttokaltmiete von 800 € und einer Wohnungsgröße von 104 Quadratmetern. Man beabsichtige zum 01.05.2012 in diese Wohnung umzuziehen, nachdem die bisherige Wohnung verkauft werde und hierfür Eigenbedarf vom Erwerber angemeldet worden sei. Zu den Akten gelangte die Kündigung des Mietverhältnisses über die Wohnung in der Fstraße E, zum 30.04.2012 seitens des Kindesvaters vom 26.01.2012.

Mit Bescheid vom 28.03.2012 lehnte der Beklagte die Zusicherung für die neue Wohnung ab. Die angemessenen Mietaufwendungen würden bei der Haushaltsgröße der Klägerinnen und des Klägers 621 € (Kaltmiete) betragen, worauf man die Klägerin ja bereits mit Schreiben vom 26.10.2011 über die Höhe der Mietobergrenze hingewiesen habe. Da die Einholung der Zusicherung keine Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 621 € sei, könnten zumindest diese Unterkunftskosten zuzüglich der angemessenen Nebenkosten erbracht werden, sofern die Klägerinnen und der Kläger ab 01.05.2012 Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten.

Diese zogen dessen ungeachtet zum 01.05.2012 in die neu angemietete Wohnung im F1weg L.

In der Folgezeit bezogen die Klägerinnen und der Kläger Leistungen nach dem SGB II, beginnend ab 01.05.2012 (der eigentlich Bescheid fehlt leider), wobei jeweils nur die aus Sicht des Beklagten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung der Leistungsberechnung zugrundegelegt wurden. Dies war zunächst eine Nettokaltmiete von 667,10 € (ab Oktober 2014 von 786,50 €, weil Zuzug einer sechsten Person).

Zuletzt teilte der Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 16.06.2015 (Leistungen für Juli bis Dezember 2015) und Änderungsbescheid vom 15.06.2015 (Leistungen für Februar bis Juni 2015) den Klägerinnen und dem Kläger mit, dass ihre Kaltmiete nach wie vor unangemessen hoch sei. Aufgrund einer Erhöhung der Mietobergrenze könne man aber ab dem 01.06.2015 eine höhere Kaltmiete (680,59 €) anerkennen, die der Beklagte den anschließenden Bewilligungen auch zu Grunde legte.

Für die Wohnung fielen in der hier streitgegenständlichen Zeit ab 01.01.2016 bis einschließlich 31.12.2017 eine Kaltmiete in Höhe von monatlich 880 €, Betriebskosten in ...

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