Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Vergangenheit. Leistungsausschluss wegen fehlender Erreichbarkeit. Nichteinholung der Zustimmung zu einem Auslandsaufenthalt. gebundene Entscheidung. Austauschbarkeit der Rechtsgrundlage

 

Leitsatz (amtlich)

Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bei ungenehmigtem Auslandsaufenthalt.

 

Tenor

1. Die Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2013 wird abgewiesen.

2. Der Beklagte hat der Klägerin ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 3. März bis zum 3. April 2011 und die Erstattung der für diesen Zeitraum gewährten Leistungen in Höhe von (noch) 646,51 € streitig.

Die 1960 geborene Klägerin und ihre 1991 geborene Tochter standen im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Zeit vom 1. November 2010 bis zum 30. April 2011 in Höhe von insgesamt 1.025,35 € monatlich. Die “Ergänzenden Erläuterungen„ auf Seite 4 des Bescheides enthielten u. a. folgenden Hinweis: “Sie müssen immer unter der von Ihnen benannten Adresse erreichbar sein. Sie sind verpflichtet, den Zeitraum und die Dauer einer geplanten Ortsabwesenheit mit Ihrem persönlichen Ansprechpartner vorher abzustimmen. Unerlaubte Abwesenheit kann dazu führen, dass Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld II wegfällt und zurückgefordert wird.„ Mit Bescheid vom 19. November 2010 wurden die Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 30. April 2011 aufgrund der Anrechnung von Unterhalt bei der Tochter der Klägerin neu berechnet. Aufgrund der Anrechnung von Einkommen der Tochter aus einer geringfügigen Beschäftigung wurden die Leistungen mit Änderungsbescheid vom 18. März 2011 nochmals neu berechnet; für den Monat März 2011 wurden der Bedarfsgemeinschaft Leistungen in Höhe von 813,35 €, für April 2011 in Höhe von 805,35 € bewilligt, wovon auf die Klägerin 359,00 € Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und 266,67 € Kosten der Unterkunft und Heizung entfielen.

Anlässlich einer persönlichen Vorsprache teilte die Klägerin am 4. April 2011 mit, sie sei vom 3. März bis zum 1. April 2011 bei ihrer kranken Mutter in der Ukraine gewesen.

Im Rahmen der daraufhin erfolgten Anhörung wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit durch den Beklagten gab die Klägerin an, sie sei am 3. März 2011 in die Ukraine zu ihrer Mutter gereist, nachdem sie Kenntnis von deren schweren Erkrankung erhalten habe und auch mit deren Ableben zu rechnen gewesen sei. Der Besuch bei der Mutter sei aufgrund ihrer eigenen psychiatrischen Behandlung ärztlich angeraten gewesen. Die Klägerin legte hierzu ein ärztliches Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ze. vom 17. Dezember 2010 vor, wonach die Klägerin bei ihm in ambulanter psychiatrischer Behandlung sei. Die Mutter der Klägerin sei akut erkrankt. Aus medizinischen Gründen halte er es für notwendig, dass die Klägerin ihre Mutter besuche und ihr für bis zu vier Wochen helfe.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2011 hob der Beklagte die Entscheidung vom 18. März 2011 für den Zeitraum 3. März bis 3. April 2011 auf und forderte die Erstattung von Leistungen in Höhe von 758,53 € (280,00 € Regelleistung, 478,53 € Kosten für Unterkunft und Heizung). Die Klägerin sei in dieser Zeit ohne Genehmigung ortsabwesend gewesen. Ihrer Mitteilungspflicht sei sie zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Unabhängig davon hätte sie auch gewusst bzw. wissen müssen, dass der ihr zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Zwar habe die Klägerin unter Vorlage eines Attestes angegeben, dass der Besuch der Mutter in der Ukraine ärztlich dringend angeraten worden sei. Dagegen sei jedoch anzuführen, dass es der mit der Klägerin in einem Haushalt lebenden Tochter möglich gewesen wäre, die Ortsabwesenheit der Mutter mitzuteilen, wenn dies der Klägerin aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen sein sollte. Somit sei die Ortsabwesenheit nicht genehmigt; die im Zeitraum vom 3. März bis zum 3. April 2011 zu Unrecht erbrachten Leistungen seien zu erstatten.

Den hiergegen am 10. Juni 2011 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2011 als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligung sei nicht § 48 SGB X, sondern § 45 SGB X. Am festgestellten Tatbestand im strittigen Bescheid ändere sich dadurch nichts. Die Erkrankung der Mutter der Klägerin sei bisher durch kein ärztliches Attest nachgewiesen worden. Für die Nicht-Einholung der Zustimmung zur Ortsabwesenheit durch den Leistungsträger seien keine hinreichenden Gründe genannt worden. Vom Bekanntwerden eines Reiseanlasses bis zum tatsä...

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