Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. alleinerziehender Vater. selbstständige Tätigkeit. Elterngeld für Partnermonate nur bei Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit. keine Minderung bei negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz. weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. persönliche Härte. Wechsel des Bemessungszeitraums wegen Notgeburt. Versterben der Mutter nach schwangerschaftsbedingt schwer behandelbarer Erkrankung

 

Leitsatz (amtlich)

Für Partnermonate - ob nach § 4 Abs 4 S 2 oder Abs 6 S 1 BEEG - besteht Anspruch auf Elterngeld nur, wenn eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gegeben ist.

Daran fehlt es bei Selbständigen, wenn diese im maßgeblichen Bemessungszeitraum nur negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb hatten.

 

Orientierungssatz

1. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liegt nicht vor, zumal sich hierbei die Auswirkungen der Regelung des § 2b Abs 2 BEEG für die Partnermonate gleichsam fortsetzen und die Betroffenen lediglich einen Anspruch auf zwei Monate zu dem Mindestelterngeld iHv 300 Euro verlieren.

2. Die Verfassung gebietet nicht, für jede denkbare persönliche Härte (hier: vorzeitige Entbindung des Kindes aufgrund schwangerschaftsbedingt nur schwer behandelbarer Erkrankung der Mutter und Versterben der Mutter kurz nach der Geburt) eine Ausnahmeregelung (hier im Hinblick auf den Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 2 S 1 BEEG) vorzusehen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.03.2019; Aktenzeichen B 10 EG 6/18 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.08.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe und Bezugsdauer des dem Kläger zustehenden Elterngelds für seinen 2015 geborenen Sohn A. (im Folgenden A).

Der 1979 geborene Kläger ist verwitwet und lebt mit A und seinem weiteren Sohn E. (geb 2012) in einem gemeinsamen Haushalt. Die Ehefrau des Klägers verstarb am 18.12.2015. Der Kläger ist selbstständig und betreibt eine Kfz-Werkstatt. Im Jahr 2014 erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -32.766 € (Einkommenssteuerbescheid vom 23.02.2016) und im Jahr 2015 iHv 37.348 € (Einkommenssteuerbescheid vom 16.02.2017).

Unter dem 10.03.2016 beantragte der Kläger die Gewährung von Elterngeld für die ersten 14 Lebensmonate von A sowie vier Partnerschaftsbonusmonate ab dem 15. Lebensmonat. Er werde seine selbstständige Tätigkeit weiter ausüben im Umfang von 26 Wochenstunden. Mit Bescheid vom 14.06.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung der Einkünfte des Kalenderjahres 2014 als Bemessungszeitraum Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat von A iHv 300 € monatlich. Der Antrag auf zusätzliche Partnermonate (13. und 14. Lebensmonat) wurde abgelehnt, da nicht nachgewiesen sei, dass sich das Einkommen in den beantragten Lebensmonaten im Vergleich zum durchschnittlichen Einkommen vor Geburt reduziere. Die Bewilligung der Partnerschaftsbonusmonate (15. bis 18. Lebensmonat iHv 150 € monatlich) erfolgte vorläufig.

Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Gewährung höheren Elterngelds berechnet aus dem Einkommen im Bemessungszeitraum zwölf Monate vor der Geburt des Kindes. Auch das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen (25.02.2015, L 2 EG 4/14) habe entschieden, dass ein Rückgriff auf den frühen Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur möglich sei, wenn damit keine erheblichen Nachteile für den Berechtigten verbunden seien. Die Annahme, das Einkommen im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum sei noch repräsentativ für den nach § 2b Abs 1 BEEG im Regelfall maßgebenden Zwölf-Monats-Zeitraum vor der Geburt, sei hier nicht gerechtfertigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass das BEEG bei Mischeinkünften den Rückgriff auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum zwingend vorschreibe. Vom Begriff Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit seien auch negative Einkünfte erfasst (unter Hinweis auf BSG 21.06.2016, B 10 EG 8/15 R; 27.10.2016, B 10 EG 4/15 R und B 10 EG 5/15 R). Nichts Anderes könne bei Einkommen nur aus selbstständiger Tätigkeit gelten, da hier nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur der letzte steuerliche Veranlagungszeitraum genommen werden könne. Da kein anrechenbares Einkommen im Bemessungszeitraum 2014 erzielt worden sei, betrage der monatliche Anspruch nach § 2 Abs 4 BEEG 300 €. Für den 13. und 14. Lebensmonat bestehe kein Anspruch auf Basiselterngeld. Nach § 4 Abs 6 BEEG könne ein Elternteil auch für die Partnermonate Elterngeld beziehen, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens erfolge. Soweit keine Minderung des Einkommens erfolge, sei die Gewährung von Elterngeld längstens für zwölf Lebensmonate zulässig. Im Bemessungszeitraum seien keine positiven Einkünfte erzielt worden...

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