Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Vierpersonenhaushalt im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald in Baden-Württemberg. Angemessenheitsprüfung. Fehlen eines schlüssigen Konzepts. Erkenntnisausfall. Rückgriff auf die Wohngeldtabelle. Ermittlung der Mietenstufe bei Gemeinden mit einer Einwohnerzahl unter 10.000

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Angemessenheit der Unterkunftskosten in einer Gemeinde im örtlichen Vergleichsraum Umland F (Anschluss an BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 85).

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern ihre außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis zum 31. Mai 2014.

Die 1981 geborene, geschiedene und erwerbsfähige Klägerin ist tunesische Staatsangehörige. Sie verfügte im streitigen Zeitraum über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Kläger Ziff. 2 bis 4 sind ihre am 2005, 2012 und 2013 geborenen Kinder, allesamt deutsche Staatsangehörige.

Die seinerzeit hochschwangere Klägerin Ziff. 1 zog mit den Klägern Ziff. 2 und 3 zum 1. Dezember 2013 aus H. (Landkreis P.) nach U., da ihr damaliger Partner, der Vater des Klägers Ziff. 4, dort eine Arbeitsstelle angeboten bekommen hatte. Sie bezog dort eine Drei-Zimmerwohnung (ca. 73,65 Quadratmeter) mit zentraler Warmwassererzeugung und Stellplatz. Diese Wohnung wurde durch den potentiellen Arbeitgeber des Vaters des Klägers Ziff. 4 zum 16. November 2013 für eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 830,00 € (Grundmiete 645,00 € + Vorauszahlung Betriebskosten 60,00 € + Vorauszahlung Heizkosten und Hausnebenkosten 100,00 € + Stellplatz 25,00 € = 830,00 €) gemietet und “wegen der schwierigen persönlichen Umstände (Trennung vom Ehemann, Risikoschwangerschaft mit dem dritten Kind und baldigem Geburtstermin) ... zu den gleichen Bedingungen„ an die Klägerin Ziff. 1. untervermietet. Der Mietvertrag wurde zum 1. Februar 2014 auf die Klägerin Ziff. 1 als Mieterin umgeschrieben. Die Grundmiete wurde auf monatlich 650,00 € und die Stellplatzmiete auf 30,00 € erhöht (Gesamtmiete 840,00 €); im Übrigen ergaben sich keine Änderungen. Der Vater des Klägers Ziff. 4 lebte mit der Klägerin Ziff. 1 im hier streitigen Zeitraum nicht in einem gemeinsamen Haushalt; die Klägerin Ziff. 1 trennte sich von diesem.

Die Familienkasse zahlte für die Kläger Ziff. 2 und 3 Kindergeld in Höhe von monatlich jeweils 184,00 €, für den Kläger Ziff. 4 ab dem Geburtsmonat 190,00 €. Ab Januar 2014 erbrachte das Landratsamt B.-H. Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von monatlich 133,00 € für den Kläger Ziff. 3. Weiteres Einkommen erzielten die Kläger nicht; über Vermögen verfügten sie nicht.

Am 12. Dezember 2013 beantragte die Klägerin Ziff. 1 bei dem Beklagten für sich und ihre Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis zum 31. Mai 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und zwar für Dezember 2013 in Höhe von 1.192,29 €, für Januar 2014 1.308,40 € sowie für Februar bis Mai 2014 monatlich 1.118,40 €. Dabei berücksichtigte er Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 699,40 € (Grundmiete 539,40 €, Heizung 100,00 €, Nebenkosten 60,00 €). Der Beklagte wies darauf hin, dass die tatsächliche Kaltmiete für einen Vier-Personen-Haushalt unangemessen hoch sei. Die angemessene Kaltmiete für einen Haushalt in dieser Größe liege bei 539,40 €. Es könne bei der Berechnung des Leistungsanspruchs nur die angemessene Kaltmiete berücksichtigt werden. Die Differenz sei von den Klägern selbst zu begleichen.

Mit Änderungsbescheid vom 4. Februar 2014 berücksichtigte der Beklagte ab 1. Dezember 2013 bei der Klägerin Ziff. 1 einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung und bewilligte ihr deshalb für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Dezember 2013 bis zum 31. Mai 2014 höhere Leistungen.

Nachdem für den Kläger Ziff. 4 ab März 2014 durch das Landratsamt B.-H. ein Unterhaltsvorschuss in Höhe von monatlich 133,00 € bewilligt worden war, berechnete der Beklagte durch Änderungsbescheid vom 19. Februar 2014 die Leistungen der Kläger für die Zeit vom 1. März 2014 bis zum 31. Mai 2014 neu.

Durch Bescheid vom 11. März 2014 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1. April 2014 bis zum 31. Mai 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der zuvor bewilligten Höhe und teilte mit, dass ab April 2014 die Gesamtmiete in Höhe von 840,00 € auf das Konto der Vermieterin überwiesen werde.

Am 24. März 2014 beantragte die Klägerin Ziff. 1 die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 7. Januar 2014 (vgl. auch...

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