Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankengeld. Antrag nach Aufforderung zur Antragstellung auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Rücknahme oder Beschränkung nur mit Zustimmung der Krankenkasse. Erforderlichkeit einer förmlichen und vollständigen Antragstellung

 

Orientierungssatz

1. Ein Versicherter, der aufgrund eines entsprechenden Verlangens gem § 51 Abs 1 SGB 5 einen Reha- oder Rentenantrag gestellt hat, kann diesen nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse wirksam zurücknehmen oder beschränken. Denn nur so kann der gesetzgeberische Zweck des § 51 Abs 1 SGB 5 erfüllt werden (vgl BSG vom 26.6.2008 - B 13 R 37/07 R = BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2).

2. Der Sinn und Zweck der Aufforderung nach § 51 Abs 1 SGB 5 verlangt eine förmliche und vollständige Antragstellung, um den Rentenversicherungsträger in die Lage zu versetzen, eine Prüfung des Anspruchs auf Rehabilitationsleistungen vorzunehmen und letztlich eine Klärung der maßgeblichen Frage herbeizuführen, ob der Versicherte lediglich vorübergehend arbeitsunfähig oder dauerhaft erwerbsgemindert ist. Die Mitwirkungspflicht des Versicherten iSd § 51 Abs 1 SGB 5 geht damit über eine formlose Antragstellung erheblich hinaus.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2014; Aktenzeichen B 1 KR 31/13 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.10.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger wendet sich gegen die Einstellung der Zahlung von Krankengeld zum 12.10.2009 und die Feststellung, dass der Krankengeldanspruch ab 13.10.2009 entfällt.

Der 1951 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er war zuletzt als Maler/Lackierer versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 05. bis 12.09.2008, 20.11.2008 bis 28.11.2008, vom 19. bis 23.01.2009 und ab 23.03.2009 erkrankte er arbeitsunfähig an einer schmerzbedingten Bewegungseinschränkung bei Coxarthrose. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endete am 11.04.2009. Ab 12.04.2009 gewährte die Beklagte Krankengeld.

Der MDK nahm im April 2009 dahingehend Stellung, dass der Kläger nach den ihm vorliegenden Unterlagen an einer Coxarthrose leide, einem Hüftgelenksersatz mittels Totalendoprothese aber abgeneigt gegenüber stehe. Darüber hinaus bestünden wiederkehrende Depressionen, ein allergisches Asthma bronchiale und ein Zustand nach Prostatakarzinom. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) liege vor.

Mit Bescheid vom 05.05.2009 forderte die Beklagte den Kläger auf, binnen 10 Wochen, spätestens am 17.07.2009, einen Antrag auf Rehabilitation zu stellen. Dagegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 27.05.2009, mit dem er die fehlerhafte Ausübung von Ermessen rügte.

Mit Bescheid vom 02.06.2009 hob die Beklagte den Bescheid vom 05.05.2009 auf.

Mit Bescheid vom 27.07.2009 forderte die Beklagte den Kläger nach entsprechender Anhörung erneut auf, binnen 10 Wochen, spätestens jedoch am 08.10.2009, einen Antrag auf Rehabilitation zu stellen und wies ihn darauf hin, dass bei fehlender Antragstellung kein Anspruch auf Krankengeld mehr bestehe.

Hiergegen legte der Kläger am 31.07.2009 Widerspruch ein und machte geltend, dass er einer Rehabilitation abgeneigt gegenüber stehe. Eine Reha-Maßnahme bringe bei der zugrunde liegenden Erkrankung “Coxarthrose„ rein gar nichts.

Mit Schreiben vom 05.08.2009 lehnte die Beklagte eine Anerkennung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab. Deswegen hat der Kläger einstweiligen Rechtsschutz beantragt (S 11 KR 3952/09 ER). Die Beklagte hat in diesem Verfahren ein Anerkenntnis abgegeben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs am 01.09.2009 schriftlich bestätigt.

Am 25.09.2009 hörte die Beklagte dazu an, dass sie beabsichtige, die Krankengeldzahlung gemäß § 51 Abs. 3 SGB V ab 09.10.2009 einzustellen, weil ein Antrag auf Rehabilitation nicht gestellt worden sei. Der Kläger wies darauf hin, dass die Beklagte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 27.07.2009 anerkannt habe.

Mit Schreiben vom 28.09.2009 beantragte der Kläger eine Rehabilitation bei der D. R. Baden-Württemberg. Dazu teilte er mit, dass die Antragsvordrucke nicht zugesandt werden bräuchten. Die Antragstellung erfolge rein fürsorglich vor dem Hintergrund eines Widerspruchsverfahrens gegen eine Aufforderung nach § 51 Abs. 1 SGB V. Er beantragte, das Verfahren ruhend zu stellen. Das lehnte die D. R. Baden-Württemberg mit Schreiben vom 21.10.2009 ab, weil sie ohne Antragsvordrucke nicht entscheiden könne und bei Fehlen der Antragsvordrucke eine Ablehnung wegen fehlender Mitwirkung erfolgen müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.07.2009 zurück. Dagegen erhob der Kläger am 14.10.2009 Klage (S 11 KR 5174/09).

Mit Bescheid vom 09.10.2009 stellte die Beklagte die Krankengeldzahlung zum 12.10.2009 ein und lehnte die weitere Auszahlung von Krankengeld ab 1...

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