Die Revision wird für keine der Parteien zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Erkrankung im Ausland. Erschütterung des Beweiswerts einer in der Türkei ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Zurückbehaltungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2. Satzhälfte EFZG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat einen hohen Beweiswert. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung als erbracht ansehen. Dies gilt auch für ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

2. Das zeitweilige Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG, § 37a Abs. 1 Unterabs. 3 BAT erlischt rückwirkend, sobald der Arbeitnehmer die ihm obliegenden Verpflichtungen erfüllt hat.

 

Normenkette

EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1; BAT § 37a Abs. 1, § 71 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 1 Ca 103/05)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall für die Zeit vom 01.09.2004 bis zum 31.10.2004.

Die am 01.02.12xx geborene Klägerin ist seit dem 19.03.1979 als angestellte Lehrerin für muttersprachlichen Unterricht in türkischer Sprache im Dienst des beklagten Landes tätig. Beschäftigt wird sie in der G3x S2xxxxxxxxxxx S1xxxx in G1xxxxxxxxxxx.

Im Jahre 2003 dauerten in Nordrhein-Westfalen die Sommerschulferien vom 31.07. bis 13.09.2003 und die Herbstferien vom 20.10. bis 31.10.2003. Während der in der Türkei verbrachten Sommerferien im Jahre 2003 suchte die Klägerin am 11.09.2003 das Staatliche Krankenhaus Kusadasi auf. Die Ärztekommission des Krankenhauses attestierte das Bestehen einer Dienstunfähigkeit für 60 Tage wegen Depressionen. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland aus der Türkei wurde die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig krank geschrieben für die Zeit vom 10. bis 21.11.2003. Am 24.11.2003 nahm sie ihre Tätigkeit als Lehrerin wieder auf.

Das beklagte Land leistete für diesen Zeitraum Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Im Jahre 2004 dauerten die Sommerferien vom 22.07. bis zum 04.09.2004 und die Herbstferien vom 18.10. bis zum 30.10.2004. Am 01.09.2004 suchte die Klägerin in ihrem in der Türkei verbrachten Urlaub wiederum das Staatliche Krankenhaus in Kusadasi auf. Die Ärztekommission des Krankenhauses stellte wie im Vorjahr das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit wegen Depressionen fest für die Dauer von 60 Tagen. Die ärztliche Bescheinigung vom 01.09.2004 (Bl. 14 d.A.) übersandte die Klägerin dem beklagten Land, dem die Bescheinigung am 08.09.2004 in türkischer Sprache zuging. Am 23.10.2004 kehrte die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Sie war weiterhin arbeitsunfähig krank bis zum 13.02.2005. Nach ihrer Rückkehr wurde sie ab dem 29.10.2004 behandelt von dem Arzt für Neurologie D2. E3xxxxxx, der auch das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit ab 29.10.2004 attestierte. Eine Untersuchung der Klägerin durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen fand am 17.11.2004 statt. Nach Mitteilung des Untersuchungsergebnisses durch die Allgemeine Ortskrankenkasse erkannte das beklagte Land eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 29.10.2004 an. Die Klägerin unterzog sich im Jahre 2005 auch einer stationären Rehabilitationsbehandlung in der Klinik M1xxxxxxx B2xxxxxxxx-K6xx.

Eine ausdrückliche Meldung der Arbeitsunfähigkeit ab 01.09.2004 an die AOK Westfalen-Lippe durch die Klägerin erfolgte telefonisch am 03.02.2005 und schriftlich mit Schreiben vom 16.02.2005 (Bl. 89 d.A.).

Mit Schreiben vom 14.09.2004 (Bl. 12 d.A.) und vom 26.11.2004 (Bl. 20 d.A.) teilte das beklagte Land der Klägerin mit, dass eine Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 01.09.2004 bis zum 28.10.2004 nicht anerkannt werde.

Die vorliegende Klage hat die Klägerin am 14.01.2005 erhoben.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe die begehrte Entgeltfortzahlung zu. Sie habe das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit durch die ärztliche Bescheinigung vom 01.09.2004 nachgewiesen. Sie habe das Krankenhaus aufgesucht im Zustand von Weinkrämpfen, heftigen Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Sie habe geschildert, dass sie in Deutschland Lehrerin sei und aufgrund ihres Zustandes nicht in der Lage sei, zu arbeiten. Sie könne sich in diesem Zustand mit Kindern nicht auseinandersetzen und bräuchte eine Bescheinigung für den Arbeitgeber, aus der sich diese Arbeitsunfähigkeit ergebe. Unter dieser Prämisse sei sie dann untersucht worden. Die Untersuchung sei sehr umfangreich gewesen. Nach den Untersuchungen der Fachärzte für Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, HNO- und Augenleiden seien keine Befunde gestellt worden. Der Facharzt für Psychiatrie und Nervenheilkunde D2. Y1xxxx habe starke Depressionen diagnostiziert, die eine absolute Ruhigstellung erforderlich gemacht hätten. Entsprechend habe er unter Verschreibung von Medikamenten dafür votiert, eine Arbeitsunfähigkeit für 60 Tage auszusprechen. In de...

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