Rz. 7

Die Aufnahme der Leistungserbringung setzt voraus, dass die unterbliebene Mitwirkung des Leistungsberechtigten tatsächlich nachgeholt worden ist. Die Bereitschaft zur Mitwirkung ist allein nicht ausreichend, etwa eine Erklärung, zukünftig an Eingliederungsmaßnahmen teilnehmen zu wollen. Dies geschieht im Regelfall dadurch, dass die zunächst unterlassene oder unzureichend getätigte Mitwirkungshandlung nunmehr so durchgeführt wird, dass dem berechtigten Verlangen des Leistungsträgers Genüge getan ist. Dies muss nicht zwingend durch den Leistungsberechtigten selbst geschehen. Es genügt, wenn eine dritte Person, z. B. eine vom Leistungsberechtigten beauftragte Person die Mitwirkungspflichten erfüllt, es sei denn, es handelt sich um eine persönliche Obliegenheit, die nur durch den Leistungsberechtigten selbst erfüllt werden kann. § 67 hat nicht zum Ziel, einen nach § 66 vernichteten Anspruch zu bestätigen, sondern vielmehr den Versagungs- bzw. Aufhebungsbescheid, der durch die Nachholung der Mitwirkung rechtswidrig geworden ist, entsprechend dem gesetzlichen Ziel, durch § 66 der Mitwirkungspflicht Nachdruck zu verleihen, im Rahmen einer Ermessensentscheidung im gebotenen Umfang durch einen Bewilligungsbescheid zu ersetzen. Schließlich genügt es für die Anwendung des § 67 auch, wenn der Leistungsträger ohne eine gezielte und gewollte Mitwirkungshandlung die benötigten Kenntnisse erlangt (sog. anderweitige Erledigung geforderter Mitwirkung). Selbst dann, wenn der Leistungsträger die benötigten Erkenntnisse bewusst oder unbewusst selbst ermittelt und festgestellt hat, gilt die unterlassene Mitwirkung als nachgeholt (Gleichstellung mit einer erfolgreichen Mitwirkungshandlung). In allen diesen Fällen ist jedenfalls die Mitwirkungspflicht des Leistungsberechtigten entfallen; die Versagung oder Entziehung nach § 66 entbehrt einer rechtlichen Grundlage. Eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Sachverhalte mit demselben verwirklichten Tatbestand wäre nicht sachgerecht. Deshalb ist § 67 in diesen Fällen entsprechend oder sinngemäß anzuwenden, ohne dass sich allein daraus ein Nachzahlungsanspruch ergibt. Der Zweck der Mitwirkungsvorschriften ist erreicht.

 

Rz. 8

Die Nachholung der Mitwirkung bewirkt, dass der Leistungsträger das vorläufig beendete Verwaltungsverfahren wieder aufgreift. Dagegen wird es für eine Entscheidung nach § 67 regelmäßig auch bei Untersuchungen und Heilmaßnahmen nicht genügen, nur die Bereitschaft zur Nachholung der Mitwirkung zu erklären. Ggf. muss sich nach Mitwirkung durch den Leistungsträger durch Vergabe eines neuen Vorsprache- bzw. Untersuchungstermins oder dem Verlangen nach Teilnahme an einer Heilmaßnahme oder Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben erst noch erweisen, ob die Mitwirkung durch Vorsprache bzw. Teilnahme tatsächlich nachgeholt wird. Dasselbe gilt für die Vorlage von Beweismitteln. Wenn die Mitwirkung nachgeholt ist, ist eine weitere Versagung oder Entziehung der Leistung unabhängig von § 67 schon nach § 66 Abs. 1 oder 2 nicht mehr zulässig; denn die Versagung oder Entziehung ist auf den Zeitraum bis zur Nachholung der Mitwirkung begrenzt. Der Leistungsträger unterliegt wieder seiner Pflicht zur Ermittlung des relevanten Sachverhalts von Amts wegen (Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X). Nachzahlungen können aber auch in allen Fällen nur erbracht werden, soweit für die versagten oder entzogenen Leistungszeiträume die Anspruchsvoraussetzungen nachgewiesen sind, es sei denn, der Leistungsträger trägt die objektive Beweislast.

 

Rz. 9

Die Mitwirkung kann jederzeit nachgeholt werden, auch schon während der Rechtsbehelfsfrist des Versagungs- oder Entziehungsbescheids. In diesen Fällen ist der Versagungs- bzw. Entziehungsbescheid noch nicht bestandskräftig, der Betroffene kann in diesen Fällen gegen diesen Bescheid vorgehen. Es kommt dann zunächst nicht auf § 67 an, wenn der Leistungsträger den rechtswidrigen Bescheid aufhebt und die Leistung nachzahlt. Erst wenn der Leistungsträger an der Versagung bzw. Entziehung festhält, ist nunmehr nach § 67 zu entscheiden. Für das weitere Verwaltungsverfahren bedarf es keines neuen Antrags auf die Sozialleistung, da der ursprünglich gestellte Antrag weiterhin wirksam ist (BSG, Urteil v. 28.2.1990, 10 RKg 17/89, SozR 3-5870 § 11 Nr. 1). Davon zu unterscheiden sind Anträge auf Fortzahlung der Leistung, die zwischenzeitlich jeweils nach Ablauf von Bewilligungsabschnitten fällig waren und nunmehr vom Leistungsträger zur Prüfung von möglichen Änderungen in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisses des Leistungsbeziehers gefordert werden. Insoweit ist näher zu untersuchen, inwieweit insbesondere Entziehungsbescheide dazu geführt haben, dass Sozialleistungen nicht weiter gewährt worden sind. Nach § 66 hatte der zuständige Leistungsträger bereits eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ab wann er die Entziehung verfügen wollte, und jeweils neu darüber zu befinden, ob er die Entziehung auch für einen neuen Bewilligungsabschnitt aufrechterhalte...

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