Rz. 29

Im Zusammenhang mit der Pflicht zur zeitnahen und unverzüglichen Sozialleistungspflicht bestehen Sonderregelungen, die entweder Fristen für die vorläufige Leistungserbringung bei Streit oder Unklarheit über den zuständigen Träger oder einen bestimmten Träger zur Vorleistung verpflichten; insbesondere in den Fällen, in denen die Ursache des Leistungsbedarfs und damit die anwendbaren Rechtsvorschriften zu klären sind. Derartige Sonderregelungen gehen, soweit deren Anwendungsbereich reicht, nach § 37 dem § 43 vor. Dabei muss allerdings nicht immer die Frage der Zuständigkeit ungeklärt sein, so dass solche Vorschriften zum Teil neben § 43 anwendbar sind.

 

Rz. 30

§ 14 SGB IX enthält bei ungeklärter Zuständigkeit bei Leistungen zur Teilhabe nach § 5 SGB IX Verfahrensregelungen darüber, wie für die Klärung der Zuständigkeit zu verfahren ist, und welcher Träger dann zu leisten hat, wenn eine nach § 14 SGB IX fristgemäße Entscheidung nicht getroffen wird oder werden kann (vgl. Komm. zu § 14 SGB IX). Insoweit handelt es sich um eine vorläufige Zuständigkeitsregelung für den bestehenden Anspruch auf eine Sozialleistung selbst (BT-Drs. 14/5074 S. 102). § 24 Satz 3 SGB IX schließt seit dem 1.1.2018 die Anwendung des § 43 für den Bereich der Leistungen zur Teilhabe ausdrücklich aus.

 

Rz. 31

Nach § 32 SGB XI hat die Pflegekasse (obwohl diese keine Rehabilitationsträger sind) vorläufige Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu erbringen, wenn eine sofortige Leistungserbringung erforderlich ist, um eine unmittelbar drohende Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, eine bestehende Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhüten, und sonst die sofortige Einleitung der Leistungen gefährdet wäre. Die Pflegekasse hat damit Leistungen zu erbringen, die schon dem Grunde nach nicht in ihren Zuständigkeits- und Aufgabenbereich gehören. Die Pflegekasse hat daher zuvor den zuständigen Träger zu unterrichten und auf die Eilbedürftigkeit der Leistungsgewährung hinzuweisen. Wird der zuständige Träger nicht rechtzeitig, spätestens jedoch 4 Wochen nach Antragstellung, tätig, hat die Pflegekasse die Leistungen vorläufig zu erbringen. Diese Regelung enthält eine Zuständigkeitsvorschrift für die vorläufige Leistungserbringung (vgl. Komm. zu § 32 SGB XI), obwohl dem Grunde nach, weil Leistungen der medizinischen Rehabilitation nicht zu den Leistungen der Pflegeversicherung gehören, der gegenüber der Pflegekasse geltend gemachte Anspruch aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt werden müsste. Insoweit enthält § 32 SGB XI eine Verpflichtung und Berechtigung zur Erbringung vorläufiger Leistungen als an sich unzuständiger Sozialleistungsträger.

 

Rz. 31a

§ 139 Abs. 1 SGB VII sieht, wenn die Voraussetzungen eines entschädigungspflichtigen Versicherungsfalls vorliegen, die Vorleistungspflicht für den zuerst angegangen Unfallversicherungsträger vor, wenn der für zuständig gehaltene andere Unfallversicherungsträger sich nicht für zuständig hält oder die Prüfung der Zuständigkeit nicht innerhalb von 21 Tagen abgeschlossen werden kann. Für die Klärung der Zuständigkeit sind in § 139 Abs. 2 SGB VII Unterrichtungspflichten zwischen den Unfallversicherungsträgern vorgesehen. Diese Regelung stellt im Verhältnis zu § 43 insoweit eine Sonderregelung dar, als die vorläufige Leistungserbringung in diesen Fällen nicht in das Ermessen gestellt ist und auch nicht von einem dahingehenden Antrag des Leistungsberechtigten abhängig ist (vgl. Komm. zu § 139 SGB VII).

 

Rz. 31b

§ 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII sieht bei ungeklärter Zuständigkeit, weil der gewöhnliche Aufenthalt des Bedürftigen und damit der örtliche zuständige Sozialhilfeträger nach § 98 Abs. 2 SGB XII nicht binnen 4 Wochen festgestellt werden kann, in Eilfällen vor, dass der Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthalts (§ 98 Abs. 1 SGB XII) zur Entscheidung über die Leistung verpflichtet ist und ohne Ermessen vorläufige Leistungen zulasten des möglicherweise anderen örtlich zuständigen Sozialhilfeträgers zu erbringen hat (vgl. Komm. zu § 98 SGB XII). Soweit Teilhabe- bzw. Rehabilitationsleistungen vom Träger der Sozialhilfe zu erbringen sind, ist bei Zuständigkeitszweifeln vorrangig § 14 SGB IX mit den dort genannten Fristen für die Erbringung vorläufiger Leistungen anzuwenden.

 

Rz. 31c

§ 86d SGB VIII sieht für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vor, dass für den Fall, dass die örtliche Zuständigkeit (§ 86 SGB VIII) nicht feststeht oder der zuständige örtliche Träger nicht tätig wird, der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet ist, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 SGB VIII der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält (vgl. Komm. zu § 86 und § 86d SGB VIII). Mit dieser Regelung wird nicht nur die Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache und die Leistungsgewährung ohne Ermessen für den Fall der unklaren Zuständigkeit, sondern auch für d...

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