Rz. 4

Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften wurde der Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik Rechnung getragen, die außerhalb der Formen der Mündlich- oder Schriftlichkeit von Erklärungen auch die elektronische Form von Mitteilungen und Willenserklärungen durch elektronische Dokumente ermöglicht. Dieser technischen Entwicklung der elektronischen Kommunikationsmöglichkeit war in anderen Rechtsbereichen bereits durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr v. 13.7.2001 (BGBl. I S. 1542) mit der Regelung des § 126a BGB Rechnung getragen worden und soll nunmehr auch im Verwaltungsverfahren gelten (Körner, in: KassKomm. SGB I, § 36a Rz. 10, Stand: September 2017, weist in soweit allerdings wohl zu Recht darauf hin, dass die Regelung an sich in das SGB X gehöre).

 

Rz. 5

Eine gesetzliche Definition dazu, was ein elektronisches Dokument ist, bestand bisher nicht. Nach Art. 3 Nr. 35 der VO (EU) Nr. 910/2014 ist "Elektronisches Dokument" jeder in elektronischer Form, insbesondere als Text-, Ton-, Bild- oder audiovisuelle Aufzeichnung gespeicherte Inhalt. Dies entspricht dem bisherigen allgemeinen Verständnis eines elektronischen Dokuments, wonach man darunter die Informationen oder Daten verstanden hatte, die elektronisch hergestellt und versandt werden und auf dem gleichen Wege entgegengenommen und gelesen oder lesbar gemacht werden können, ohne dass dafür Papier als Träger der Information verwandt wird. Dazu gehören nicht nur die in einer E-Mail selbst enthaltenen Texte, sondern auch zusammen damit verbundene Textdateien der verschiedensten Formate. Typischerweise können diese elektronischen Dokumente als Datei elektronisch gespeichert, aber auch ausgedruckt und damit wie ein Schriftstück lesbar gemacht werden. Zwingende Voraussetzung für ein elektronisches Dokument ist dies jedoch nicht. Das elektronische Dokument i. S. d. VO (EU) Nr. 910/2014 ist aber nicht auf Text begrenzt, sondern kann auch andere Inhalte (wie z. B. Ton- oder Bildaufzeichnungen) enthalten. Für den Regelungsbereich des SGB I und SGB X, sowie die Verfahrensvorschriften des SGG und anderer Gesetze dürfte es für die Ersetzung der Schriftform aber maßgeblich auf elektronisch erstellte oder übersandte Texte ankommen.

 

Rz. 6

Nach der Systematik der Zulässigkeit der elektronischen Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürger lässt sich folgende Staffelung an die Anforderungen an ein elektronisches Dokument und deren Nutzung vornehmen:

  • allgemeine Zulässigkeit, z. B. bei allgemeinem Schriftverkehr oder formlosen Anträgen (§ 16) oder Anfragen,
  • Zulässigkeit ohne besondere Anforderungen, wenn die elektronische Form einer Mitteilung neben der Schriftlichkeit zugelassen ist, im Regelfall durch die Worte "schriftlich oder elektronisch" gekennzeichnet (z. B. § 33 SGB X für den Erlass eines Verwaltungsakts),
  • Zulässigkeit unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder anderer technischer Formen, wenn eine gesetzlich vorgeschriebene Schriftform durch das elektronische Dokument ersetzt werden soll (§ 36a Abs. 2, § 126a BGB, § 87a AO) und
  • bei besonders bedeutsamen, insbesondere auch langfristig aufzubewahrenden Vorgängen und der Notwendigkeit des Beweises für lange Zeit kann durch eine entsprechende gesetzliche Regelung für die qualifizierte elektronische Signatur auch deren dauerhafte Überprüfbarkeit verlangt werden (z. B. im Sozialleistungsbereich nach Abs. 4).

Die generell zulässige Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form nach Abs. 2 kann aber wiederum durch gesetzliche Regelung ausdrücklich ausgeschlossen werden (z. B. in § 5 Abs. 2 BBG für die Ernennung von Beamten).

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