Rz. 6

Die Hilfe ist von 3 Voraussetzungen abhängig:

  • Es muss ein eigener privater Haushalt bestehen,
  • keiner der Haushaltsangehörigen darf den Haushalt weiterführen können und
  • die Weiterführung muss geboten sein.

2.2.1 Eigener Haushalt

 

Rz. 7

Ein eigener privat (d. h. nicht von Angestellten oder gewerblich) geführter Haushalt liegt vor, wenn er dem Haushaltführenden und ggf. weiteren Haushaltsangehörigen eine eigenständige Lebens- und Wirtschaftsführung ermöglicht (so BSG, Urteil v. 10.07.1969, 7 RKg 17/66). Für die Abgrenzung ist die Verkehrsanschauung maßgebend. Entscheidend kommt es dazu auf die Funktionen Kochen und Wohnen an (vgl. Komm. zu § 37 SGB V). Kein eigener Haushalt i. S. der Vorschrift liegt vor bei Aufnahme in einen fremden Haushalt bzw. in Wohnformen, die den Bewohnern kein eigenes Kochen mehr ermöglichen. Der Haushalt muss bei der Antragstellung bereits bestehen. Eine Leistungsgewährung bei einem Ein-Personen-Haushalt scheidet aus (BSG, Urteil v. 11.12.2007, B 8/9b SO 13/06; a. A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 16.09.2005, L 20 B 9/05 SO ER). Dies ergibt sich zwar nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut der Vorschrift, weil diese allein auf den Ausfall des Haushaltsführers und die fehlende Hilfe durch Haushaltsangehörige abstellt. Allerdings ist bei Personen, die alleine leben, die hauswirtschaftliche Versorgung bereits durch die Hilfe zur Pflege umfasst (§ 61 Abs. 5 Nr. 4), so dass für die Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes insoweit keine Raum ist (ebenso: Schaefer, in: Fichtel/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, § 70 Rz. 9).

2.2.2 Keine Weiterführung des Haushalts

2.2.2.1 durch Haushaltsangehörige

 

Rz. 8

Der Begriff des Haushaltsangehörigen ist nicht im Sinne des Zivil-, Straf- oder allgemeinen Sozialrechts (vgl. § 383 ZPO, § 52 Abs. 2 StGB, § 16 Abs. 1 SGB X) auszulegen. Es kommen vielmehr alle Personen in Betracht, die sich mit dem Hilfesuchenden in einer Haushaltsgemeinschaft befinden (VGH Baden-Württemberg, FEVS 18 S. 470; HessVGH, NDV 1971 S. 251; Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Aufl. 2012, § 70 Rz. 8). Eine Haushaltsgemeinschaft liegt dann vor, wenn die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft zusammen leben und wirtschaften (vgl. § 36 Abs. 1), denn nur dann ist eine Weiterführung des Haushaltes überhaupt geboten. Eine familiäre bzw. verwandtschaftliche Beziehung ist nicht erforderlich. Vielmehr stehen Leistungen neben Eheleuten oder Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft auch Mitgliedern einer Wohngemeinschaft zu, soweit sie eine Haushaltsgemeinschaft bilden (Grube, a. a. O.). Unerheblich ist auch, ob der ausfallende Haushaltsführende im Haushalt verbleibt oder abwesend ist.

 

Rz. 9

Ob andere Haushaltsangehörige den Haushalt weiterführen können, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen (BVerwG, Urteil v. 5.6.1968, V C 116.67, FEVS 16 S. 92). Das BVerwG nimmt an (Urteil v. 5.6.1968, V C 116.67, FEVS 16 S. 92), die Hilfe nach § 70 entfalle, sofern sich ein Haushaltsangehöriger ohne ausreichenden Grund weigere, den Haushalt weiterzuführen. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, weil sie den Nachranggrundsatz überdehnt und die Wertungsgrundsätze des § 94 unterläuft (wie hier ebenso: Grube, a. a. O., Rz. 11, sowie Bieritz-Harder, in: LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 70 Rz. 5). Vielmehr ist zu prüfen, inwieweit es dem Haushaltsangehörigen an der objektiven Fähigkeit zur Weiterführung des Haushaltes mangelt sowie inwieweit diese subjektiv zumutbar ist. Ansprüche bestehen daher mangels objektiver Fähigkeit, wenn es dem Haushaltsangehörigen wegen hohem Alter oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, den Haushalt zu führen (Grube, a. a. O., Rz. 13). Unzumutbar ist die Weiterführung durch den Haushaltsangehörigen auch bei vorrangigen Ausbildungsverpflichtungen (BSG, Urteil v. 30.3.1977, 5 RKn 20/76, NJW 1978 S. 288, zur Parallelwertung bei Prüfung der Haushaltshilfe der gesetzlichen Krankenversicherung). Männern und Frauen ist die Haushaltsführung in gleicher Weise zumutbar.

2.2.2.2 durch den alleinstehenden Antragsteller

 

Rz. 9a

Durch das Dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) ist Abs. 1 der Vorschrift geändert worden. Nunmehr wird ausdrücklich klargestellt (so die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/9518), dass Leistungen nach § 70 auch in den Fällen in Betracht kommen, in denen die Person mit eigenem Haushalt alleinstehend ist. In der Vergangenheit wurde die Vorschrift von Teilen der Praxis dahingehend einschränkend ausgelegt, dass die Person mit eigenem Haushalt i. S. d. § 70 Abs. 1 mit anderen Personen in dem Haushalt zusammenleben muss, um einen Anspruch auf Hilfe zur Weiterführung des Haushalts zu begründen.

2.2.3 Gebotenheit der Weiterführung des Haushalts

 

Rz. 10

Die Weiterführung des Haushalts muss nach Lage des Einzelfalls geboten sein. Das ist dann der Fall, wenn sonst die Auflösung des Haushalts droht und die weiteren Haushaltsangehörigen nicht mehr versorgt werden würden (BVerwG, Urteil v. 5.6.1968, V C 116.67, FEVS 16 S. 92). Dies ist insbesondere der Fall in Haushalten, in denen Kinder oder pflegebedürftige Personen leben.

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