Rz. 19

Nach Abs. 3 Satz 1 sind bei der Erbringung von Leistungen nach §§ 47 bis 51 die für die gesetzlichen Krankenkassen nach Kap. 4 SGB V (§§ 69 ff. SGB V) geltenden Regelungen mit Ausnahme des 3. Titels Abschn. 2 (§§ 82 bis 87e SGB V) anzuwenden. Dies gilt im Übrigen auch für die Fälle des Einsatzes eines Nothelfers i. S. v. § 25 (vgl. BSG, Urteil v. 18.11.2014, B 8 SO 9/13 R Rz. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 22.6.2017, L 9 SO 137/15 Rz. 50, und die Komm. zu § 25). 

 

Rz. 20

Das ursprünglich in der Ausnahmevorschrift des Satzes 1 (a. E.) liegende Redaktionsversehen (Abschn. 2 des 3. Titels) ist inzwischen beseitigt worden (Rz. 1). Die Ausnahmeregelung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass sich die auf Bundes- und Landesebene zu schließenden Verträge nach §§ 82 bis 87e SGB V nicht auf die Sozialhilfe übertragen lassen. Ebenso wenig fließen die Leistungen zugunsten von Sozialhilfeempfängern in die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 SGB V ein.

 

Rz. 21

Die Geltung des Kap. 4 im Übrigen bedeutet u. a., dass die Leistungserbringer auch bei der Behandlung von Sozialhilfeempfängern an die Grundsätze der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung (§ 70 SGB V) gebunden sind. Ebenso gelten die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92 SGB V; vgl. dazu im Einzelnen die Komm. zu § 48). Das ist angesichts der Übertragung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung auf die Sozialhilfe durch Abs. 1 Satz 1 im Ansatz konsequent.

 

Rz. 22

Offenbar wollte der Gesetzgeber mit der Regelung des Satzes 1, die im Grunde nur aus § 38 Abs. 4 Satz 1 übernommen wurde (vgl. BT-Drs. 15/1514 S. 62), zur Konkretisierung des Leistungsanspruches des Leistungsberechtigten gegen den Träger der Sozialhilfe die wesentlichen Grundsätze, die für die Leistungserbringung im SGB V gelten (insbesondere das Prinzip der Sachleistung sowie das Dreiecksverhältnis zwischen Leistungserbringer, Leistungsberechtigtem und Leistungsträger) auf das SGB XII übertragen, nicht jedoch die komplexen Grundsätze für die Vergütung nach den §§ 82 ff. SGB V (vgl. dazu etwa auch LSG Berlin Brandenburg, Urteil v. 2.6.2010, L 7 KA 12/06 Rz. 33 ff.). Der Gesetzgeber war der Auffassung, dass die Regelungen über die Budgetierungen in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen der unterschiedlichen Struktur beider Leistungsträger keine Anwendung finden könne (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 122 f.). Vor diesem Hintergrund enthält Satz 2 insoweit eine Sonderregelung.

 

Rz. 23

Nach Abs. 3 Satz 2 erhalten Ärzte, Psychotherapeuten und Zahnärzte für ihre Leistungen die Vergütung, welche die Ortskrankenkasse, in deren Bereich der Arzt, Psychotherapeut oder der Zahnarzt niedergelassen ist, für ihre Mitglieder zahlt. Die Regelung ist aus sich heraus kaum verständlich (Kritik an den lediglich "vagen" Vorstellungen des Gesetzgebers über die Vergütung ärztlicher Leistungen zugunsten von Sozialhilfeempfängern zu Recht auch bei Jolitz, MedR 2001 S. 631). Das Problem besteht zum einen darin, dass die zentralen Vorschriften über die Vergütung ärztlicher Leistungen (auch für die Ortskrankenkassen) gerade im Dritten Titel des Vierten Kapitels des SGB V geregelt sind, der nach der Ausnahmeregelung des Abs. 3 Satz 1 (s. o.) im Bereich der Sozialhilfe für nicht anwendbar erklärt wird. Es kommt hinzu, dass die Krankenkassen – von Ausnahmen abgesehen – keine Vergütung unmittelbar an die Vertragsärzte leisten, sondern auf der Grundlage von § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V die sog. morbiditätsbedingte Gesamtvergütung an die Kassenärztlichen Vereinigungen zahlen, die dann ihrerseits nach § 87b Abs. 1 SGB V die vertragsärztlichen Leistungen gemäß der regionalen Euro-Gebührenordnung vergüten. Gleichwohl kann Abs. 3 Satz 2 nicht anders verstanden werden, als dass – soweit keine Sonderregelung besteht – notgedrungen die jeweilige regionale Euro-Gebührenordnung (vgl. hierzu § 87a Abs. 2 SGB V) maßgebend ist. Demgegenüber finden die arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina (vgl. § 87b Abs. 2 SGB V) im Bereich der Sozialhilfe keine Anwendung.

Obwohl diese letztlich unschlüssige und damit unbefriedigende gesetzliche Konstruktion höchst streitanfällig ist, sind dazu keine veröffentlichten Urteile zu recherchieren. Dies kann entweder an den äußerst geringen Fallzahlen der Krankenhilfe (dazu die Komm zu § 48) oder auch daran liegen, dass die Leistungserbringer trotz der unzulänglichen Rechtslage mit der auf dieser Grundlage gezahlten Vergütung im Ergebnis zufrieden sind.

 

Rz. 24

Keinesfalls sind ärztliche Leistungen demgegenüber nach den für Privatpatienten geltenden Bestimmungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. Zahnärzte (GOZ) zu vergüten.

 

Rz. 25

Ohne dass dies in Abs. 3 ausdrücklich geregelt wäre, steht auch den übrigen Leistungserbringern (z. B. Krankenhäusern, Physiotherapeuten usw.) die Vergütung zu, die von den Primär- bzw. Ortskrankenkassen für die Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zu zahlen ist (dazu allgemein H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB...

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