Rz. 143

Abs. 6 Satz 1 betrifft leistungsberechtigte Personen, die in einer Unterkunft nach § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 leben. Das sind Leistungsberechtigte, die nicht in einer Wohnung i. S. v. § 42a Abs. 2 Satz 1 wohnen, weil ihnen zur Erbringung von Leistungen nach Teil 2 des SGB IX allein oder zu zweit ein persönlicher Wohnraum und zusätzliche Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung nach Satz 3 zu Wohnzwecken überlassen werden.

§ 42a Abs. 2 Satz 3 definiert die Begriffe "persönliche Wohnung" und "zusätzliche Räumlichkeiten". Persönlicher Wohnraum ist danach ein Wohnraum, der leistungsberechtigten Personen allein oder zu zweit zur alleinigen Nutzung überlassen wird. Zusätzliche Räumlichkeiten sind Räume, die leistungsberechtigten Personen zusammen mit weiteren Personen zur gemeinschaftlichen Nutzung überlassen werden.

Negativ grenzt Abs. 6 Satz 1 den von dieser Vorschrift erfassten Personenkreis zudem insofern ab, als die hiervon erfassten Personen nicht in einer Wohnung i. S. v. § 42a Abs. 2 Satz 2 wohnen. Der Begriff der "Wohnung" wird wiederum in § 42a Abs. 2 Satz 2 legal definiert. Danach ist eine Wohnung die Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen oder Wohnräumen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die Führung eines Haushalts notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und Räumlichkeiten umfassen.

 

Rz. 144

Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich bei einer Unterkunft i. S. v. § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 im Unterschied zu Wohnungen um Räumlichkeiten, die keine abgeschlossene Wohnung darstellen, weil neben dem persönlichen Wohnraum auch zusätzliche Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, die von weiteren Personen gemeinsam genutzt werden, die nicht gemeinsam mit der leistungsberechtigten Person in einem persönlichen Wohnraum leben. Die zusätzlichen Räumlichkeiten zur gemeinsamen Nutzung sind keine persönlichen Wohnräume anderer Personen und stellen eine notwendige räumliche Ergänzung dar. Es handelt sich dabei nicht oder nicht ausschließlich um Funktionsräume wie Küche oder Bad, weil persönlicher Wohnraum und zusätzliche Räumlichkeiten zusammen nicht alle für eine Wohnung kennzeichnenden Funktionen bzw. Funktionsräume umfassen müssen. Stattdessen dienen die zusätzlichen Räumlichkeiten vorrangig anderen Zwecken. Dies sind vor allem die Freizeitgestaltung und die gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten, weil die persönlichen Räumlichkeiten wegen ihrer Größe und Ausstattung hierfür nicht oder nur bedingt geeignet sind (BT-Drs. 18/9522 S. 336).

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers (BT-Drs., a. a. O.) unterscheidet sich diese Wohnform von einer Wohngemeinschaft in einer Wohnung nach § 42a Abs. 2 Satz 2 vor allem dadurch, dass sie kein baulicher Bestandteil von Wohngebäuden ist und deshalb die bauordnungsrechtlichen Vorschriften für Wohngebäude nicht gelten. Hinzu kommen folgende Unterscheidungsmerkmale:

  • Es gibt keine einer Wohnung gleichwertige bauliche Abgrenzung zu anderen Wohnungen;
  • Es müssen nicht alle für eine Wohnung zwingend erforderlichen Funktionen und Ausstattungen vorhanden sein;
  • Es gibt keine Unterscheidung zwischen Haupt- und Untermieter, da keine Untervermietung von einzelnen Zimmern erfolgt; stattdessen erfolgt die Überlassung stets für den persönlichen Wohnraum und einen Anteil an den Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung, der sich aus der Zahl der vorgesehenen Bewohner kopfanteilig ergibt, wodurch alle Bewohner einander gleichgestellt sind;
  • Es gibt keinen konkludent zwischen den Bewohnern geschlossenen Gesellschaftsvertrag, der Rechte und Pflichten der Bewohner untereinander regelt, weil dies vom Überlasser der Räumlichkeiten übernommen wird;
  • In einer Wohngemeinschaft gibt es für die sich aus Grundriss und damit aus Flächenanteil sowie Bedeutung für den Alltag ergebenden Funktion der zusätzlichen Räumlichkeiten zur gemeinsamen Nutzung keine Entsprechung.

Von der sonstigen Unterbringung i. S. d. § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 unterscheidet sich die Wohnform i. S. d. § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 insbesondere dadurch, dass die Überlassung längerfristig erfolgt, nicht auf eine behelfsmäßige Unterbringung abzielt und deshalb i. d. R. nicht einer übergangsweisen Unterbringung, vor allem nicht der akuten Verhinderung von Obdachlosigkeit, dient (BT-Drs. 18/9522 S. 336).

 

Rz. 145

§ 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 setzt ferner voraus, dass der persönliche Wohnraum und die zusätzlichen Räumlichkeiten "zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe" (Teil 2 des SGB IX) überlassen werden.

Diese Voraussetzung macht deutlich, dass es sich bei der besonderen Wohnform nach § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 um eine "leistungsrechtliche Nachfolgeregelung der stationären Einrichtung" bei Bezug von Eingliederungshilfeleistungen nach Teil 2 SGB IX ab dem 1.1.2020 handelt. Dies wird in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften (BT-Drs. 19/11006 S. 28) ausdrücklich klarge...

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