Rz. 68

In einem dritten Schritt ist die angemessene Nettokaltmiete in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem sog. schlüssigen Konzept festzustellen (s. o.). Dabei ist zunächst zu bestimmen, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab (= örtlicher Vergleichsraum) abzustellen ist. Im Anschluss daran ist das Mietpreisniveau (die Referenzmiete) im örtlichen Vergleichsraum mittels des schlüssigen Konzepts zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil v. 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R Rz. 14).

 

Rz. 69

Örtlicher Vergleichsraum für die Festlegung der angemessenen Nettokaltmiete für eine Wohnung, die nach Größe und Wohnungsstandard angemessen ist, ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist.

Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist nach der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung in erster Linie der Wohnort des Berechtigten maßgebend (vgl. BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R). Ein Umzug an einen anderen Wohnort, der mit der Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann i. d. R. nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt an dem kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der Gemeinde nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des Vergleichsmaßstabs kann es – insbesondere im ländlichen Raum – geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen. In größeren Städten kann hingegen daran gedacht werden, eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbstständigen Einheiten darstellen, vorzunehmen (vgl. zu Beispielen aus der älteren Rechtsprechung des BSG zu konkreten Vergleichsräumen die Übersicht bei Löcken, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., Stand: 25.5.2011, § 35 Rz. 99). In einer jüngeren Entscheidung hat das BSG (Urteil v. 30.1.2019, B 14 AS 24/18 R Rz. 23) – unter Bezugnahme auf die gesetzgeberische Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II – zunächst das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters als Vergleichsraum angesehen, der allerdings aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein könne. Entscheidend für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ist es, ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (grundlegend BSG, Urteil v. 19.2.2009, B 4 AS 30/08 R Rz. 21; vgl. auch BSG, Urteil v. 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R Rz. 18 m. w. N. ). Der Vergleichsraum ist somit ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (st. Rspr.; vgl. nur BSG, Urteil vom 30.1.2019, B 14 AS 10/18 R Rz. 24 m. w. N.). Als örtliche Gegebenheiten, welche die Aufteilung eines Gebietes in mehrere Vergleichsräume erforderlich machen können, kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (BSG, a. a. O., Rz. 25).

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