Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Grundsicherungsberechtigten auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft nach Wohnortwechsel

 

Orientierungssatz

1. Dem Hilfebedürftigen ist im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB 2 eine freie Wohnortwahl zuzubilligen. Nach einem Umzug über die Grenzen des kommunalen Vergleichsraumes hinaus sind Kosten der Unterkunft nicht auf die Aufwendungen am bisherigen Wohnort beschränkt.

2. Bei der Bestimmung des maßgeblichen örtlichen Vergleichsraumes sind ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu definieren, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2012 sowie der Bescheide vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 37,58 Euro zu gewähren.

Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger nach einem Umzug gewährten Kosten der Unterkunft.

Der am 0000.1964 geborene Kläger steht seit dem Jahr 2005 bei dem Beklagten im Leistungsbezug. Er wohnte in der Zeit vom 01.08.2010 bis zum 30.04.2011 in einer Wohnung im C 00 in Q. Dort hatte er eine Grundmiete i.H.v. 210,- Euro zu entrichten. Darüber hinaus hatte er aus einer Wasserabrechnung für das Jahr 2010 vom 15.02.2011 einen Betrag i. H. v. 96,99 Euro sowie aus einer Wasserabrechnung für das Jahr 2011 vom 03.05.2011 einen Betrag i. H. v. 41,79 Euro an die Vermieterin zu zahlen. Zum 01.05.2011 bezog er eine Wohnung im E 0 in C. Dort betrug die Grundmiete 210,- Euro. Hinzu kamen 53,- Euro Betriebskosten.

Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 16.04.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom selben Tag, geändert durch die Bescheide vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013, Leistungen für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012. Er berücksichtigte dabei Kosten der Unterkunft zunächst lediglich in Höhe der für die Wohnung im C 00 angefallenen Grundmiete von 210,- Euro monatlich, mit Bescheid vom 05.08.2013 gewährte er dem Kläger im Hinblick auf die erfolgten Wasserabrechnungen weitere Kosten der Unterkunft i. H. v. 15,42 Euro monatlich. Nach Vorlage entsprechender Nachweise bewilligte der Beklagte zudem Heizkostenabschläge nach.

Gegen den Bescheid vom 16.04.2012 erhob der Kläger am 09.05.2012 im Hinblick auf die Kürzung der Kosten der Unterkunft Widerspruch.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2012 unter Hinweis auf die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) als unbegründet zurück. Der Kläger habe den Mietvertrag für die von ihm zum 01.05.2011 bezogene Wohnung E 0 in C unterzeichnet, ohne die vorherige Zustimmung des Jobcenters einzuholen. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug erforderlich gewesen wäre, seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Daher habe die Zustimmung auch nachträglich nicht erteilt werden können. Da die Kosten für die Wohnung E 0 in C mit 263,- Euro höher seien als jene in der bisherigen Wohnung C 00 in Q mit 210,- Euro, könnten bei der Bedarfsberechnung lediglich Kosten der Unterkunft in Höhe von 210,- Euro berücksichtigt werden.

Mit der am 17.08.2012 hiergegen erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft i. H. v. 263,- Euro monatlich. Die Kosten der Unterkunft seien rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden. In der Bundesrepublik Deutschland gelte die Freizügigkeit. Im C 0 habe der Schwiegervater der Vermieterin eine Wohnung gemietet gehabt. Von diesem seien unentwegt Beleidigungen und Verleumdungen ausgegangen. Er habe sich erfolglos bemüht, auf ein Unterlassen hinzuwirken. Schließlich sei die Kündigung ausgesprochen worden. Der Umzug sei erforderlich gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2012 sowie der Bescheide vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 37,58 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, der vorgetragene Sachverhalt rechtfertige den Umzug nicht i. S. e. Erforderlichkeit nach § 22 SGB II.

In einem Erörterungstermin am 25.07.2013 ist der Kläger zum Sachverhalt persönlich gehört worden. Zudem hat das Gericht im Verhandlungstermin am 10.07.2014 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M F L, I E1 und I1 E1. Auf den Inhalt der entsprechenden Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Bekla...

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