Rz. 31

Welche Aufwendungen im Falle eines selbstgenutzten Eigenheimes oder einer Eigentumswohnung (grundsätzlich) als Unterkunftskosten zu berücksichtigen sind, wurde früher in Anlehnung an § 7 Abs. 2 der Verordnung zu § 76 BSHG ermittelt (vgl. BVerwG, Urteil v. 2.9.1993, 5 C 18/90). Hieran hält die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil v. 7.7.2011, B 14 AS 51/10 R Rz. 12 m. w. N.) fest, wobei nicht anders als bei der Miete die in den einzelnen Monaten fällig werdenden konkreten Aufwendungen zu berücksichtigen sind. Daraus folgt, dass eine Umlegung nicht monatlich fällig werdender Forderungen (z. B. Grundbesitzabgaben) auf das gesamte Jahr – auch unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung – nicht zulässig ist (vgl. BSG, Urteil v. 29.11.2012, B 14 AS 36/12 R Rz. 14). § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 findet entsprechende Anwendung (vgl. BSG, Urteil v. 17.6.2010, B 14 AS 79/09 R Rz. 11 ff. zur Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Kosten für ein als Unterkunft genutztes Wohnmobil). Erfasst werden danach insbesondere Schuldzinsen (vgl. zur Minderung dieses Betrages, wenn hierauf eine Eigenheimzulage verrechnet wird, BSG, Urteil v. 18.2.2010, B 14 AS 74/08 R Rz. 16) und dauernde Lasten, Steuern auf Grundbesitz, Versicherungsbeiträge, der Erhaltungsaufwand (dazu noch weiter unten) und die Aufwendungen zur Bewirtschaftung des Haus- und Grundbesitzes (z. B. Müllabfuhr). Sind die zur Finanzierung eines Eigenheimes oder einer Eigentumswohnung abgeschlossenen Darlehensverträge durch den Darlehensgeber gekündigt worden, stellt der vom Darlehensgeber geltend gemachte Schadensersatz keine tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dar (so LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.5.2012, L 13 AS 3213/11 Rz. 17 ff. m. w. N.).

 

Rz. 32

Tilgungsraten für Darlehen, die für die Finanzierung eines Hauses oder einer Eigentumswohnung anfallen, sind grundsätzlich nicht Bestandteil der von dem Träger der Sozialhilfe zu tragenden angemessenen Unterkunftskosten – auch nicht bis zur Angemessenheitsgrenze (vgl. BSG, Urteile v. 7.11.2006, B 7b AS 8/06 R; v. 23.8.2011, B 14 AS 91/10 R; v. 4.6.2014, B 14 AS 42/13 R; v. 12.12.2019, B 14 AS 26/18 R Rz. 18; differenzierend Berlit, SGb 2011, 621). Denn die Sozialhilfe dient nicht dem Aufbau von Vermögen und der Schuldentilgung. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (zu einem solchen Ausnahmefall BSG, Urteil v. 18.6.2008, B 11b/14 AS 67/06 R; LSG Hessen, Urteil v. 29.10.2014, L 6 AS 422/12; zu weiteren Einzelfällen Berlit, info also 2021, 11 ff., 12). Im Übrigen sind Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (BSG, Urteil v. 7.7.2011, B 14 AS 79/10 R Rz. 18 m. w. N., und Urteil v. 16.2.2012, B 4 AS 14/11 R).

 

Rz. 33

Nicht als Unterkunftsbedarf anzuerkennen sind ferner Ratenzahlungsverpflichtungen aufgrund einer Zahlungsvereinbarung, die nach einem gekündigten Immobiliendarlehensvertrag mit dem Darlehensgeber geschlossen wurde, um die damals fällige Restschuld einschließlich Zinsen ratenweise zurückzuzahlen (BSG, Urteil v. 12.12.2019, B 14 AS 26/18 R Rz. 21 ff.). Denn die Zahlungen dienen in den späteren Zahlungsmonaten nicht mehr der Erfüllung von laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag zum Erwerb von Wohneigentum, sondern der Tilgung von Schulden. Die Schulden stehen zwar in solchen Fällen in Zusammenhang mit dem Erwerb von Wohneigentum. Es handelt sich aber gerade nicht um aktuell fällig werdende Verpflichtungen aus einem Darlehensvertrag zum Erwerb von Wohneigentum, sondern um eine Verpflichtung aus einer Vereinbarung zur Tilgung früher fällig gewordener (Alt-)Schulden. Für diese ist eine Differenzierung zwischen der Anerkennung von laufenden Zinsen als Bedarf und der i. d. R. nicht erfolgenden Anerkennung der Tilgungsleistung aufgrund der Gesamtschuld aus dem gekündigten Darlehensvertrag nicht möglich. Zudem bewirkt eine monatliche Zahlung eine Tilgung der Gesamtschuld, und die Anerkennung der monatlichen Zahlung als Bedarf i. S. d. § 35 Abs. 1 Satz 1 würde letztlich zu einer über die Sicherung des aktuellen Bedarfs hinausgehenden Vermögensbildung führen (BSG, a. a. O., zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

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