Rz. 20

Bei Anmietung einer Mietwohnung zählen zu den Aufwendungen der Unterkunft der vertraglich geschuldete Mietzins einschließlich aller Nebenkosten. Das sind insbesondere die Betriebskosten i. S. d. BetrKV (vgl. z. B. BSG, Urteil v. 22.9.2009, B 4 AS 8/09 R Rz. 16 und 19 m. w. N., sowie Urteil v. 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R Rz. 33 f., und § 556 Abs. 1 BGB) sowie die Kosten für die (Kalt-)Wasserversorgung (SG Freiburg, Urteil v. 15.4.2011, S 6 AS 3782/09).

 

Rz. 21

Eine aus der jährlichen Betriebskostenabrechnung resultierende Nachforderung des Vermieters gehört ebenfalls zu den Unterkunftskosten, und zwar in dem Monat, in dem sie fällig wird (BSG, Urteil v. 10.11.2011, B 8 SO 18/10 Rz. 17, sowie Urteil v. 22.3.2010, B 4 AS 62/09 R Rz. 13, 17 m. w. N.). Es handelt sich dabei hingegen nicht um (Miet-)Schulden i. S. v. § 36 SGB XII. Das gilt auch bei einer Abrechnung aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis (vgl. dazu im Einzelnen die Komm. zu § 36 sowie BSG, Urteil v. 13.7.2017, B 4 AS 12/16 R Rz. 18 ff., und Urteil v. 19.5.2021, B 14 AS 57/19 R Rz. 19). Für die Anerkennung als Unterkunftsbedarf erforderlich ist allerdings eine "existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung" der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf. Eine solche Verknüpfung ist gegeben, wenn die leistungsberechtigte Person durchgehend von der tatsächlichen Entstehung der Kosten bis zu deren Fälligkeit im Leistungsbezug steht, die Aufgabe der bisherigen Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt und keine andere Bedarfsdeckung eingetreten ist oder eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs vorlag (BSG, Urteil v. 19.05.2021, a. a. O., m. w. N.).

 

Rz. 22

Für die Erstattung von Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung enthält § 35 keine dem § 22 Abs. 3 SGB II entsprechende Regelung. Derartige Erstattungen können daher nur nach den allgemeinen Regeln als Einkommen (§ 82) oder – bei zivilrechtlich wirksamer vermieterseitiger Verrechnung mit der Mietzinsforderung für einen bestimmten Monat (dazu etwa BSG, Urteil v. 16.5.2012, B 4 AS 132/11 R Rz. 20 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 24.11.2015, L 7 AS 1148/14 Rz. 30 ff.) – als Verringerung des Unterkunftsbedarfs angesehen werden (vgl. bzgl. der vergleichbaren Problematik bei Heizkosten weiter unten).

 

Rz. 23

Kosten für eine Räumungsklage können Mietschulden (§ 36 Abs. 1), im Einzelfall aber auch Kosten der Unterkunft sein (vgl. LSG Bayern, Urteil v. 30.1.2014, L 7 AS 676/13 Rz. 24 f. m. w. N.). Sind Mietzinsforderungen des Vermieters verjährt, kann es der leistungsberechtigten Person mit Blick auf ihren Unterkunftsbedarf in der Regel (d. h. insbesondere bis zur Grenze des § 242 BGB) zugemutet werden, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen (vgl. LSG Hessen, Urteil v. 6.4.2016, L 6 AS 464/13 Rz. 34; vgl. aber auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.3.2014, L 3 AS 343/10 ZVW Rz. 52).

 

Rz. 24

Als weitere Kosten der Unterkunft sind auch die – mietvertraglich vereinbarten – Aufwendungen für Schönheitsreparaturen (BSG, Urteil v. 19.03.2008, B 11b AS 31/06 R; vgl. ferner LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 10.12.2014, L 2 SO 2379/14 Rz. 18 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 21.4.2016, L 15 SO 165/12 Rz. 42 f.) zu übernehmen. Gleiches gilt dem Grunde nach für Einzugs- (vgl. im Einzelnen BSG, Beschluss v. 29.11.2012, B 14 AS 95/12 B, sowie Urteil v. 16.12.2008, B 4 AS 49/07 R) und Auszugsrenovierungen (BSG, Urteil v. 6.10.2011, B 14 AS 66/11 R Rz. 12), sofern diese mietvertraglich vereinbart sind.

 

Rz. 25

Als Kosten der Unterkunft können ferner Aufwendungen für Sach- oder Dienstleistungen angesehen werden, die zwar ihrer Art nach nicht dem Grundbedürfnis "Wohnen" dienen, aber mit den vertraglichen Vereinbarungen betreffend die Unterkunft derart verknüpft sind, dass die Unterkunft ohne diese Aufwendungen nicht erlangt oder erhalten werden kann. Sie dürfen also nicht zur Disposition der leistungsberechtigten Person stehen, sondern müssen in diesem Sinne einen unausweichlichen Kostenfaktor der Wohnung darstellen (BSG, Urteil v. 14.4.2011, B 8 SO 19/09 R Rz. 15 m. w.N.). Hierzu gehören z. B. im Mietvertrag vereinbarte und davon nicht ablösbare Kosten für einen Kabelanschluss oder eine Gemeinschaftsantenne (BSG, Urteil v. 19.2.2009, B 4 AS 48/08 R Rz. 17; so auch schon BVerwG, Urteil v. 28.11.2001, 5 C 9/01), für die Nutzung einer Kücheneinrichtung (BSG, Urteil v. 7.5.2009, B 14 AS 14/08 R Rz. 20), für die Inanspruchnahme eines Lagerraums (BSG, Urteil v. 16.12.2008, B 4 AS 1/08 R Rz. 12), auch wenn der Lagerraum von der Wohnung räumlich und örtlich getrennt ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.4.2010, L 7 AS 340/10 B ER Rz. 5), für die Anmietung einer Garage bzw. eines Stellplatzes (BSG, Urteil v. 19.5.2021, B 14 AS 39/20 Rz. 14 ff.) sowie etwa auch für eine (Senioren-)Betreuungspauschale (BSG, Urteil v. 14.4.2011, B 8 SO 19/09 R Rz. 12; vgl. auch schon LSG Baden-Würt...

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