Rz. 2

Die in der Vorschrift aufgeführten Sanktionsinstrumente haben nicht in erster Linie eine ordnungsrechtliche Funktion (Dauber, in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand: August 2013, § 26 Rz. 2 mit Hinweis auf BVerwG, Urteil v. 17.5.1995, 5 C 20/93, BVerwGE 98 S. 203 = FEVS 46 S. 121). Sie folgen vielmehr den in § 1 genannten Zielen. Sie sollen ferner dazu dienen, den Nachranggrundsatz zu realisieren (vgl. Adolph, in: Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsybLG, Stand: Juli 2006, § 26 Rz. 6). Daraus folgt, dass die Einschränkung nach Abs. 1 nur dann in Betracht kommt, wenn diese Sanktion geeignet erscheint, die Handlungsweise des Hilfeempfängers zu beeinflussen (Streichsbier, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 5. Aufl. 2014, § 26 Rz. 1). Dies setzt voraus, das der Hilfeempfänger seine Handlungsweise überhaupt beeinflussen kann, was im Einzelfall z. B. aufgrund einer Erkrankung ausgeschlossen sein kann.

Abs. 1 übernimmt im Wesentlichen § 25 Abs. 2 Nr. 1 und 2 und Abs. 3 BSHG. In Abs. 2 bis 4 sind die bisherigen beiden Vorschriften §§ 25a und 29a BSHG zur Aufrechnung von Ansprüchen zusammengefasst worden. In Abs. 2 und 3 sind dabei im Wesentlichen inhaltsgleich der bisherige § 25a Abs. 1 und 2 BSHG und in Abs. 4 der bisherige § 29a BSHG übertragen worden.

Die Vorschrift findet im AsylbLG auf die Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG (Bezieher von Analogleistungen) entsprechende Anwendung (so zu der bis 28.2.2015 geltenden Fassung des § 2 AsylbLG: Oppermann, in: jurisPK-SGB XII, § 2 AsylbLG Rz. 129; SG Dortmund, Urteile v. 15.10.2013, S 26 AY 52/11 und S 26 AY 52/12).

 

Rz. 3

Abs. 1 geht von dem Grundgedanken aus, dass es der Allgemeinheit nicht zugemutet werden kann, für selbst verschuldete Hilfebedürftigkeit aufzukommen. Damit ist Abs. 1 eine Konkretisierung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1). Anders als nach dem grundsätzlich im Sozialhilferecht geltenden Grundsatz spielen die Gründe, die zu der Hilfebedürftigkeit geführt haben, nach Abs. 1 folglich eine Rolle für die Leistung (vgl. auch Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 2009, § 26 Rz. 10; Dauber, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 26 Rz. 2). Nicht erfasst sind durch Abs. 1 Fälle, in denen der Leistungsempfänger Einkommen bezieht und aus diesem Grund keiner Hilfe bedarf. Hier greift vielmehr § 19 ein. Für die bisherigen Bestimmungen des § 25 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 BSHG ist im Rahmen des SGB XII kein Raum mehr. Diese Vorschriften setzten voraus, dass der Leistungsempfänger erwerbsfähig war und sich entweder weigerte, zumutbarer Arbeit nachzukommen (§ 25 Abs. 1 BSHG) bzw. einer Sperrzeit nach dem SGB III unterlag (§ 25 Abs. 2 Nr. 3 BSHG), was jedoch ebenfalls grundsätzlich Erwerbsfähigkeit voraussetzte. Da Erwerbsfähige nunmehr eine Grundsicherung nach dem SGB II beanspruchen können (sog. Arbeitslosengeld II), bedarf es entsprechender Regeln im SGB XII nicht mehr (vgl. zum Verhältnis von SGB II und SGB XII auch § 21 und die Kommentierung dort).

 

Rz. 4

Abs. 1 berechtigt den Sozialhilfeträger nicht dazu, den Sozialhilfefall als solchen aus den Augen zu verlieren. Denn einerseits ist gemäß Abs. 1 Satz 2 so weit wie möglich zu verhüten, dass die unterhaltsberechtigten Angehörigen oder andere mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebende Leistungsberechtigte durch die Einschränkung der Leistung mitbetroffen werden. Andererseits ist es mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) und der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) unvereinbar, Hilfsbedürftige verelenden oder gar umkommen zu lassen (vgl. zur Funktion der Sozialhilfe insoweit auch die Komm. zu § 17).

 

Rz. 5

Die Abs. 2 bis 4 sind Spezialregelungen zu § 51 Abs. 1 SGB I (vgl. Holzhey, in: jurisPK-SGB XII, § 26 Rz. 8, 28), der die Aufrechnung gegen Sozialleistungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässt und dem sie nach § 37 SGB I vorgehen. Eine Verrechnung nach § 52 SGB I wie auch die Aufrechnung mit Schadenersatz oder Erstattung anderer Sozialleistungsträger bleibt dagegen ausgeschlossen, weil der Sozialhilfeträger nach dem Wortlaut des Abs. 2 nur mit eigenen (Sozialhilfe-)Forderungen aufrechnen darf (Streichsbier, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 26 Rz. 2).

 

Rz. 6

Abs. 2 lässt dabei die Aufrechnung von Ansprüchen des Sozialhilfeträgers zu, wenn die Aufrechnung wegen einer Sozialhilfeleistung erfolgt, die sich der Leistungsempfänger durch schuldhaft falsche Angaben erschlichen hat. Neu ist in Abs. 2 Satz 1 die Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber den Vertretern der Leistungsempfänger, soweit diese nach §§ 103 oder 104 zum Kostenersatz verpflichtet sind. Neu ist auch die Möglichkeit der Aufrechnung in Fällen, in denen zu Unrecht erbrachte Leistungen der Sozialhilfe durch pflichtwidriges Unterlassen der Leistungsempfänger oder ihrer Vertreter veranlasst worden sind. Schließlich ist die Frist für die Aufrechnung in Abs. 2 von 2 auf 3 Jahre verlängert worden (vgl. zum Ganzen auch Holzhey, in: jurisPK-SGB XII, § 26 Rz. 2).

 

Rz. 7

In Abs. 3 ist die Aufrechnungsbefugnis über die Fälle des bisherigen § 15a BSHG hinaus – einzig au...

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