Rz. 6

Beim Begriff der sozial erfahrenen Dritten handelt es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, der der Nachprüfung durch das Gericht unterliegt. Eine formale Qualifikation im Sinne eines bestimmten Berufsabschlusses fordert das Gesetz nicht. Allerdings nennt es im Sinne von Regelbeispielen ("insbesondere") die Zugehörigkeit zu einer Vereinigung, die Bedürftige betreut (d. h., nicht unbedingt eines Verbands der freien Wohlfahrtspflege) oder die Herkunft aus einer Vereinigung von Sozialleistungsempfängern – also der Betroffenen – als besonderes Eignungsmerkmal. Die sozial erfahrenen Personen können zugleich in ihrer Eigenschaft als Beteiligte nach § 116 und als Angehörige eines anderen die Widerspruchsbehörde beratenden Gremiums tätig werden, sofern dieses keine andere Zielsetzung hat und nicht an Weisungen gebunden ist. Gehören dem Gremium neben sozial erfahrenen Dritten auch sonstige Mitglieder an, muss gewährleistet sein, dass die Widerspruchsbehörde die Auffassung der sozial erfahrenen Dritten erfährt (OVG Lüneburg, FEVS 21 S. 367).

Die sozial erfahrenen Dritten haben im Widerspruchsverfahren, wenn sie von der entscheidenden Stelle herangezogen werden, eine dem Sachverständigen vergleichbare Stellung (grundsätzlich dazu Gutachten des DV, NDV 1987 S. 156).

 

Rz. 7

Wie viele und auf welche Art (mündliche Anhörung, schriftliches Verfahren etc.) derartige Dritte jeweils hinzugezogen werden, liegt im Ermessen der Behörde, die die Verwaltungsvorschrift erlässt oder den Widerspruch bescheidet. Nach dem den Plural verwendenden (und insoweit eindeutigen) Wortlaut des Gesetzes sind mindestens zwei sozial erfahrene Dritte erforderlich (a. A. BVerwG, Urteil v. 25.11.1993, 5 C 8/90 zu § 114 BSHG: eine Person soll ausreichend sein; offenlassend: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 22.6.2015, L 20 SO 103/13, Rz. 49). Die Auswahl obliegt gemäß § 116 der entscheidenden Stelle. Gehören einem Ausschuss mehrere Mitglieder an, müssen alle Mitglieder mitwirken.

 

Rz. 8

Während Abs. 1 die Anhörung sozial erfahrener Dritter vor dem Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften als abstrakt-generelle Regelungen regelt, normiert Abs. 2 die beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter in einem konkreten Verwaltungsverfahren, und zwar vor der Bekanntgabe einer konkret-individuellen Regelung (vgl. Blüggel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., Stand: 1.2.2020, § 116 Rz. 8f.).

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