Rz. 5

Auch wegen der Wirkung der Verjährung verweist Abs. 2 auf das BGB. Nach § 214 Abs. 1 BGB bewirkt die Verjährung, dass der Schuldner berechtigt ist, die Leistung zu verweigern. Bei der Verjährung handelt es sich also um eine Einrede, die nicht von Amts wegen zu beachten, sondern vom Erstattungspflichtigen – ermessensfehlerfrei – geltend zu machen ist (BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R). Im Einzelfall kann ihm dies verwehrt sein, wenn ein Fall unzulässiger Rechtsausübung vorliegt, sich der Erstattungspflichtige also zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzt. Das ist beispielsweise anzunehmen, wenn der Erstattungspflichtige den Berechtigten von der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs abhält, weil er durch aktives Handeln den Eindruck vermittelt, er werde den Erstattungsanspruch erfüllen. Das gilt auch, wenn die beteiligten Träger einen Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung vereinbaren. Die Verjährung kann zwar rechtsgeschäftlich nicht ausgeschlossen werden, der Verzicht bedeutet jedoch, dass eine Berufung auf die Verjährung treuwidrig und unwirksam ist (BGH, Urteil v. 4.11.1997, VI ZR 375/96; VG Meiningen, Urteil v. 22.2.2007, 8 K 171/03.Me).

 

Rz. 6

Unbeschadet der Frage der Verjährung eines Anspruchs ist die Verwirkung in den Blick zu nehmen, die im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu beachten ist (vgl. W. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Aufl. (2015), SGB XII, § 111 Rz. 17). Die Verwirkung stellt einen Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. Sie setzt voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets die verspätete Geltendmachung des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen (BSG, Urteil v. 5.9.2019, B 8 SO 20/18 R, Rz. 20). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, Urteil v. 5.9.2019, a. a. O., m. w. N.). Ein bloßes Nichtstun führt nicht zur Verwirkung (BSG, Urteil v. 5.9.2019, a. a. O.). Eine Fallgestaltung der Verwirkung kann nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls in Fallkonstellationen zu erblicken sein, in denen der später eine Erstattung begehrende Träger in Kenntnis sämtlicher maßgeblicher Umstände geleistet hat, etwa nach wiederholter Akteneinsicht (vgl. dazu W. Schellhorn, a. a. O., Rz. 16, m. w. N.).

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