2.1 Erhebung von Kostenbeiträgen

2.1.1 Teilnahme- oder Kostenbeiträge

 

Rz. 3

Der Gesetzgeber lässt die Erhebung von Kostenbeiträgen für alle in Nr. 1–3 aufgezählten Angebote zu. Das Abgaben- und Beitragsrecht definiert den Beitrag als eine Geldleistung, die der Deckung oder Verringerung der Kosten einer öffentlichen Einrichtung dient, wenn die Einrichtung dem Pflichtigen besondere Vorteile gewährt. Anders als im Kommunalabgabenrecht, bei dem eine Beitragspflicht bereits dann entsteht, wenn die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung gegeben ist (so BVerwG, Urteil v. 19.10.1966, IV C 99.65), also eine tatsächliche Inanspruchnahme durch den Beitragspflichtigen nicht erfolgen muss, wird der Kostenbeitrag nach dem Wortlaut von Satz 1 nur für die erfolgte Nutzung von Angeboten erhoben.

 

Rz. 4

Ausschlaggebend für die Erhebungsform ist die tatsächliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses. § 90 Abs. 1 ist nunmehr ausschließlich in den Fällen anwendbar, in denen das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. § 90 selbst trifft keine Regelung über die Ausgestaltung dieses Benutzungsverhältnisses und richtet sich ausschließlich an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

 

Rz. 5

Für die Höhe des Kostenbeitrags sind die allgemeinen Maßstäbe für die Festlegung von Abgaben heranzuziehen. Obergrenze sind zum einen die tatsächlichen Kosten der Einrichtung, von denen der auf den Leistungsempfänger entfallende Anteil zu berechnen ist, zum anderen sind die verfassungsmäßigen Gesichtspunkte des Schutzgebotes der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) sowie das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) bei der Festlegung von Staffelungen und Beitragsrahmen zu beachten. Aus dem Sozialstaatsgebot folgt jedoch nicht – auch nicht in Verbindung mit dem Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG –, dass eine satzungsrechtliche Beitragsstaffelung eine körperliche Behinderung der zu Beiträgen heranzuziehenden Eltern berücksichtigen muss (so VG Düsseldorf, Entscheidung v. 5.7.2011, 24 K 9012/10). Die Kostenbeiträge müssen dem Äquivalenzprinzip genügen, d. h. sie müssen als Gegenleistung für staatliche Leistung in Relation zu den tatsächlichen Kosten stehen. Dieses ist bei einer Kostenbeitragsstaffelung nach dem Einkommen der Kostenbeitragspflichtigen gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 jedenfalls dann gewahrt, solange selbst die Höchstgebühr die tatsächlichen Kosten der Einrichtung pro Platz nicht deckt und in einem angemessenen Verhältnis zu der damit abgegoltenen Verwaltungsleistung steht (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.5.2018, OVG 6 A 2.17 Rz. 41, m. w. N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 5.9.2018, 12 A 849/17 Rz. 93 m. w. N.).

2.1.2 Angebote

 

Rz. 6

§ 90 Abs. 1 Satz 1 lässt eine Erhebung von Kostenbeiträgen nur für die abschließend aufgezählten Angebote zu. Dies sind

  • nach Nr. 1:
 

Rz. 7

die Jugendarbeit nach § 11, die gemäß § 3 von Trägern der freien sowie der öffentlichen Jugendhilfe gleichermaßen erbracht werden. Zu den wesentlichen Inhalten der Jugendarbeit gehören die außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung, die Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit, die arbeitswelt-, schul- und familienbezogene sowie die internationale Jugendarbeit, die Kinder- und Jugenderholung und die Jugendberatung.

  • nach Nr. 2:
 

Rz. 8

die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Abs. 1 sowie Abs. 2 Nr. 1 und 3. Während § 16 Abs. 1 die Leistungen und deren Ziele allgemein beschreibt, werden diese in Abs. 2 näher konkretisiert. Danach können für Angebote der Familienbildung und für Angebote der Familienfreizeit und -erholung Teilnahme- und Kostenbeiträge erhoben werden, nicht aber für die Angebote der Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen (Nr. 2). Da die Aufzählung der einzelnen Leistungen zur Förderung der Erziehung in der Familie in Abs. 2 nicht abschließend ist ("insbesondere"), ist vor allem bei Angeboten, die die allgemeine Förderung und Beratung der Erziehung zum Gegenstand haben, zu prüfen, ob sie unter den Anwendungsbereich von § 16 Abs. 1 fallen – dann Kostenheranziehungsmöglichkeit – oder dem Anwendungsbereich von § 16 Abs. 2 Nr. 2 zuzuordnen sind – dann Kostenfreistellung.

  • nach Nr. 3:
 

Rz. 9

die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen, d. h. in Kindergärten, Horten und anderen Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztags aufhalten (§ 22) und nunmehr auch die Tagespflege (§ 23), die aufgrund der Änderungen durch das KICK (vgl. Rz. 1) einbezogen worden ist.

2.1.3 Kostenbeiträge

 

Rz. 10

Mit Abs. 1 ist eine unmittelbare Regelung für die Erhebung von Kostenbeiträgen geschaffen, einer landesgesetzlichen Regelung bedarf es nicht. Kostenbeiträge stellen eine sozialrechtliche Abgabe eigener Art dar (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 5.9.2018, 12 A 181/17 Rz. 65).

 

Rz. 11

§ 90 Abs. 1 ermöglicht aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine pauschalierte Beitragsfestsetzung. Individuellen Einkommensverhältnissen der jeweils Beitragspflichtigen w...

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