Rz. 59

Insoweit einzige Voraussetzung für die Verpflichtung zur Einschaltung des Jugendamtes ist die abweichende Erklärung der Sorgeberechtigten nach § 1688 Abs. 3 Satz 1 BGB von der Auffassung der Pflegeperson. Da an diese Erklärung formell keine großen Ansprüche zu stellen sind, ist die Pflicht zur Einschaltung des Jugendamtes in solchen Fällen regelmäßig schnell ausgelöst. § 38 trifft dabei eine Regelung für 2 verschieden gelagerte Konfliktlagen; zum einen, wenn es unterschiedliche Auffassung der Sorgeberechtigten und der Pflegeperson nach § 38 1. Var. in Grundsatzfragen gibt, zum anderen bei allen sonstigen Meinungsverschiedenheiten i. S. v. § 38 2. Var. Da in beiden Fällen die Pflicht zur Einschaltung des Jugendamtes ausgelöst wird, kommt den beiden Varianten insoweit keine konstituierende Wirkung, sondern allenfalls eine graduelle Bedeutung für das Interventionsszenario des Jugendamtes zu.

 

Rz. 60

Dabei betrifft Satz 3 nur die Ausübung elterlichen Sorge. In der ursprünglichen Fassung des § 38 war nur die Personensorge erfasst, sodass nicht auch die Vermögenssorge betroffen war, die in § 1626 Abs. 1 Satz 1 2. Var. BGB eigenständiger Gegenstand der elterlichen Sorge nach § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Dies ergab sich zwanglos aus § 38 selbst, der nur den Inhaber der Personensorge anspricht. Durch die Überführung der Vorschriften zur elterlichen Sorge von § 38 a. F. in § 37 Abs. 3 sollte zwar offenbar keine Rechtsänderung einhergehen; der Gesetzgeber spricht in den Materialien davon, dass Abs. 3 dem § 38 a. F. entspricht (BR-Drs. 5/21 S. 86 = BT-Drs. 19/26107 S. 89). Dies dürfte im hier vorliegenden Fall aber nicht mehr gelten, da der Begriff der elterlichen Sorge der familienrechtlichen Oberbegriff ist und sowohl die Personensorge im engeren Sinne als auch die Vermögenssorge betrifft.

 

Rz. 61

Dabei ist die Vermögenssorge nicht allumfassend. Die Vermögenssorge erfasst das Kindesvermögen im weitesten Sinne, Eigentum ebenso wie Einkünfte. Nicht der Vermögenssorge, sondern der Personensorge wird die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes zugerechnet; § 1690 Abs. 1 BGB spricht deshalb von "Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und die Vermögenssorge" (so ausdrücklich der Gesetzgeber vgl. BT-Drs. 13/4899 S. 31); dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 1688 Abs. 1 Satz 2 BGB, der die Befugnisse der Pflegeperson näher umschreibt. Von der Personensorge ebenfalls umfasst und nicht der Vermögenssorge zuzurechnen sind dabei auch Taschengeld, Einrichtung eines Girokontos oder ähnliche Vorgänge.

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