Rz. 38

Durch das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurde mit Wirkung zum 10.6.2021 ein neuer Satz 3 eingefügt, der der besonderen Bedeutung der Geschwisterbeziehung Rechnung trägt (vgl. zur Gesetzesbegründung BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 84 f.). Der gewachsenen Bindungen, die Stabilität und Kontinuität vermitteln, wird mit dieser Regelung zentrale Bedeutung für die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen eingeräumt. Mit dieser Regelung wird klargestellt, dass auch Geschwister wichtige Bezugspersonen sein können und deshalb für die Gestaltung des Hilfeprozesses wie letztlich auch die Wirksamkeit der Hilfe von erheblicher Relevanz sind. Mit der Regelung wird auch dem klaren Votum aus dem Beteiligungsprozess "Mitreden-Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe" Rechnung getragen, die Geschwisterbeziehung stärker in den Blick zu nehmen (vgl. Abschlussbericht Mitreden-Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe, S. 32, 74, 81 f., 84, 104 f., 111; so ausdrücklich die Gesetzeserwägungen in BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 84 f.).

 

Rz. 39

Die Regelung in Satz 3 verpflichtet daher den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, im Rahmen der Hilfeplanung – d. h. bei den Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe und deren konkrete Ausgestaltung – die Geschwisterbeziehung in den Blick zu nehmen (so ausdrücklich BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 84 f.).

 

Rz. 40

Dabei kann, aber muss nicht, zwangsläufig die Geschwisterbeziehung eine Rolle für die Hilfegewährung spielen. Daher verpflichtet Satz 3 zunächst den Jugendhilfeträger nur die Frage zu klären, ob die Gewährleistung des Kindeswohls die Einbeziehung von Geschwistern in den Hilfeprozess erfordert.

 

Rz. 41

Das kann im Ergebnis dazu führen, dass das Auswahlmessen bei der Hilfeartentscheidung auf Null reduziert ist, etwa in den Fällen von stationären Hilfen, wenn eine gemeinsame Unterbringung von Geschwistern notwendig ist oder der Kontakt zu Geschwistern anderweitig aufrechterhalten und sichergestellt werden muss (diese beiden Beispiele bildet ausdrücklich der Gesetzgeber in BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 84 f.).

 

Rz. 42

Verfahrenstechnisch sind entsprechende Feststellungen dann im Hilfeplan zu treffen (auch das hat der Gesetzgeber ausdrücklich so festgehalten, vgl. BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 84 f.). Das ergibt sich allerdings auch zwanglos aus der systematischen Stellung von § 36 Abs. 2 Satz 3 zu dessen Satz 2, der ganz allgemein die Pflicht zur Erstellung des Hilfeplans regelt (vgl. insoweit weitergehend Abschnitt Hilfeplan und Mitwirkungsrecht nach Satz 2 in Rz. 29 ff.).

 

Rz. 43

Die noch bis zum 9.6.2021 in § 36 Abs. 2 Satz 4 enthaltene Regelungen über ggf. notwendige Maßnahmen der beruflichen Eingliederung und über die Beteiligung der Arbeitsverwaltung sind durch das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) mit Wirkung zum 10.6.2021 aufgehoben worden und in Abs. 3 Satz 2 mit nunmehr erweitertem Anwendungsbereich verschoben worden (vgl. Komm. im Abschnitt Beteiligung von Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger und Schule nach Satz 2 in Rz. 46 ff.).

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