Rz. 16

Die Hilfe findet außerhalb der Familie statt. Der Jugendliche wird für eine ISE-Betreuung i. d. R. aus der Familie herausgenommen und lebt für eine längere Zeit alleine oder in einer Jugend-Wohngemeinschaft. Der Ausgangspunkt der Hilfe lautet für die Fachkraft häufig, mit besonders gefährdeten, Hilfen gegenüber nur wenig offenen Jugendlichen konfrontiert zu sein. Dies bestimmt auch die Methodik der Hilfe. Diese ist auf eine intensive Einzelbetreuung angelegt, welche den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen in besonderem Maße Rechnung tragen soll. Die Intensität ist dabei als fachlicher Standard bereits in der Vorschrift ausdrücklich normiert. Die Unterstützung muss daher flexibel und beweglich sein und sich auch wechselnden Bedürfnissen des Jugendlichen in Ausgestaltung und Intensität anpassen. Es kann, insbesondere in Krisenzeiten, geboten sein, dass die Fachkraft rund um die Uhr zur Beratung und Unterstützung präsent ist (so ausdrücklich der Gesetzgeber, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 72). Die Bandbreite der Beratung und Unterstützung ist naturgemäß groß. Auch hier ist auf die individuellen Bedürfnisse des Jugendlichen einzugehen. Das Ziel der Verselbständigung kann vor allem auch rein praktische Hilfestellung erfordern, etwa bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen, bei Problemen rund um Schulabschluss, Ausbildung und Beschäftigung, bei finanziellen Problemen oder bei Schwierigkeiten im Alltag und dessen Gestaltung (BT-Drs. 11/5948 S. 72). Pragmatische Hilfestellungen, welche für den Jugendlichen eine sofortige spürbare Verbesserung seiner Situation bedeuten, werden oftmals Grundlage des Aufbaus einer vertrauensvollen Beziehung sein. Die besondere Gefährdung des Jugendlichen kann es auch erforderlich machen, mit anderen Fachkräften zusammenzuarbeiten und dem Jugendlichen juristische oder therapeutische Hilfe zu vermitteln. Die Hilfe darf sich jedoch in solcher pragmatischen Hilfestellung nicht erschöpfen, denn als Hilfe zur Erziehung setzt sie letztlich die Gewährung pädagogischer oder therapeutischer Leistungen voraus (§ 27 Abs. 3 Satz 1). Dies kann auch längere erlebnispädagogische Maßnahmen umfassen, wobei erlebnispädagogische Maßnahmen im Ausland durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) stark beschränkt wurden; vgl. insoweit § 27 Abs. 2 Satz 3 HS 2 (vgl. Komm. zu § 27).

 

Rz. 17

Als besondere Form der intensiven sozialpädagogischen Hilfe hat sich in den letzten 20 Jahren die intensivpädagogische Auslandsmaßnahme entwickelt. Obwohl sich diese Hilfeform häufig als einzige Möglichkeit der pädagogischen Einflussnahme bei besonders problembehafteten Jugendlichen erwiesen hat, stand sie stets auch unter besonderer Kritik und wurde nicht selten als "Pädagogik unter Palmen" oder "Segelschiffpädagogik" geringgeschätzt (vgl. etwa Blandow, in: Blandow/Faltermeyer, S. 292). Intensivpädagogische Auslandsmaßnahmen kommen nach der Einfügung des § 27 Abs. 2 Satz 3 durch das KICK nur noch in Ausnahmefällen in Betracht. Die Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfes betonte, dass derartige Auslandsmaßnahmen zwar in Einzelfällen "wichtiges und effektives Instrument" der Erziehungshilfen seien, andererseits gehäuft unseriöse Anbieter qualitativ unzureichende Hilfen anbieten würden und insbesondere die mangelnde Steuerung und Kontrolle durch das Jugendamt problematisch sei (vgl. BT-Drs. 15/3676 S. 52 sowie S. 70). Auslandsmaßnahmen sind nur noch dann zu bewilligen, wenn die Erbringung der Hilfe im Ausland notwendig ist. Sie haben einen vom Gesetzgeber gewollten Ausnahmecharakter. Um diesen sicherzustellen, ist Voraussetzung, dass eine Fachkraft im Hilfeplan nach § 36 und im Hilfeantrag diese besondere Notwendigkeit der Maßnahme nachvollziehbar begründet. Dabei wird auch darzulegen sein, weswegen geeignete Hilfen im Inland nicht gegeben sind. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift im Wortlaut sehr restriktiv angelegt: Die Hilfe "darf nur dann im Ausland erbracht werden, wenn dies nach Maßgabe der Hilfeplanung zur Erreichung des Hilfezieles im Einzelfall erforderlich ist", so § 27 Abs. 2 Satz 2. Außerdem ist bei der Entscheidung über die Eignung und die Notwendigkeit der Hilfe im Ausland ein Arzt mit besonderen Kenntnissen über seelische Störungen zu beteiligen, um nicht Jugendliche unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken im Ausland auszusetzen (§ 36 Abs. 3 Satz 1). Als weitere Beschränkung hat der Gesetzgeber in § 78b vorgesehen, dass eine Leistungsfinanzierung nur noch dann erfolgt, wenn der Träger des Projektes oder der Einrichtung im Ausland anerkannter Träger der Jugendhilfe ist oder gleichzeitig eine erlaubnispflichtige Einrichtung im Inland betreibt und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Vertretungen des Auswärtigen Amtes und den Behörden des Gastlandes zusichert (vgl. zu erlebnispädagogischen Projekten im Ausland auch Fieseler, in: GK-SGB VIII, § 35 Rz. 14 ff. m. w. N., und Wiesner, SGB VIII, § 35 Rz. 19). Zu beachten ist allerdings, dass die Neuregelung des § 27 Abs. 2 Satz 3 nach der Begr...

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