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Eine vergleichbare Problematik stellt sich dar, wenn die Hilfe durch einen Vormund beantragt wird, der das Mündel in seiner Familie betreut. Fami­lienrechtlich hat ein Vormund nach § 1793 Abs. 1 Satz 1 BGB das Recht und die Pflicht, für sein Mündel zu sorgen. Die dem Vormund obliegende Personensorge beinhaltet nach §§ 1800 Satz 1 i. V. m. 1631 Abs. 1 BGB insbesondere auch das Recht und die Pflicht zu Pflege und Erziehung des Mündels. Geschieht dies ausschließlich zur Erfüllung seiner Aufgabe als Vormund, geschähe dies unentgeltlich, der erzieherische Bedarf könnte demnach gedeckt sein und eine Hilfe mangels Bedarf ausscheiden. Diese Argumentation tritt nicht selten in der Verwaltungspraxis auf. Man wird dies jedoch nur höchst ausnahmsweise vertreten können. Das BVerwG, Urteil v. 15.12.1995, 5 C 2/94) hat klargestellt, dass auch einem Vormund, der ein Mündel in seiner Familie betreut, Hilfe zur Erziehung regelmäßig zustehen wird. Das BVerwG führt überzeugend aus, dass sich dies aus mehreren Gründen ergibt: Zum einen ist ein Vormund nicht dazu verpflichtet, die Betreuung seines Mündels selbst zu übernehmen; ausreichend ist, wenn er entsprechend hierfür Sorge trägt. Im Übrigen folge aus der Gesetzessystematik, dass durch die Übertragung der Vormundschaft auf Betreuungspersonen die Betreuung durch die bessere Rechtsstellung erleichtert werden, aber die finanzielle Absicherung nicht verschlechtert werden soll (BVerwG, a. a. O.). Es kommt also bei Beantragung einer Vollzeitpflege durch den Vormund hinsichtlich des grundsätzlichen Bedarfs entscheidend darauf an, ob die eine dem Kindeswohl angemessene Pflege und Erziehung durch die Eltern ausscheidet, der Bedarf des Kindes bzw. des Jugendlichen auf angemessene Pflege und Erziehung also ungedeckt ist. Nicht maßgeblich ist, ob der Vormund das erzieherische Defizit der Eltern ausgleichen kann. Auch dann ist Gewährung von Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie möglich, sowohl in der Familie des Vormunds als auch in einer anderen Pflegefamilie (OVG Niedersachsen, Entscheidung v. 25.8.1992, 4 M 3647/92).

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