0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift gilt ausschließlich für Versicherungsfälle ab dem 1.1.1997 (§ 214 Abs. 1) und nur, soweit nicht vorrangiges über- oder zwischenstaatliches Recht gilt (vgl. ausführlich Lauterbach/Raschke, SGB VII, § 97 Rz. 79). Die Vorschrift weicht erheblich von der Vorgängerregelung des § 625 RVO ab.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt den Leistungsexport ins Ausland. Abweichend von § 30 Abs. 1 können Geld- und Sachleistungen ins Ausland exportiert werden, soweit Berechtigte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Ausländer und Deutsche sind dabei grundsätzlich gleichgestellt.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Gemäß § 97 werden Leistungen ins Ausland an alle Versicherten gewährt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Der melderechtliche Status ist dabei unerheblich. Im Melderecht müssen vielmehr die tatsächlichen Bedingungen nachvollzogen werden. Für eine Zahlung ins Ausland ist deshalb Voraussetzung, dass der Schwerpunkt des Lebens im Ausland liegt und sich der Aufenthalt dort als mehr darstellt, als nur ein vorübergehendes Verweilen. Leistungen ins Ausland werden an Deutsche und Ausländer in gleicher Weise geleistet, wenn sie im Inland einen Anspruch erworben haben.

2.1 Leistungen ins Ausland

 

Rz. 4

Es werden Geldleistungen und sonstige Leistungen ins Ausland exportiert. Dabei wird darauf Rücksicht genommen, dass das Sachleistungsprinzip im Ausland nicht immer durchsetzbar ist.

2.1.1 Geldleistungen

 

Rz. 5

Geldleistungen im Sinne einmaliger oder wiederkehrender Zahlungen werden in voller Höhe ins Ausland gezahlt (Geld-Leistungsexport). Der Versicherte hat ein Wahlrecht, ob auf ein inländisches oder ein Konto im Ausland gezahlt wird (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 2).

2.1.2 Sonstige Leistungen

 

Rz. 6

Dienst- und Sachleistungen, zu denen auch das Pflegegeld gehört, die nicht durch einen ausländischen Versicherungsträger im Wege der Sachleistungsaushilfe erbracht werden können, weil es an einem entsprechenden Abkommen fehlt, muss der Versicherte sich in Abweichung vom Sachleistungsprinzip selbst beschaffen. Der deutsche Unfallversicherungsträger erstattet die angemessenen Kosten. Angemessen sind grundsätzlich die Kosten, die tatsächlich anfallen. Abweichungen nach oben oder unten sind möglich und führen zu einem entsprechend erhöhten oder reduzierten Erstattungsanspruch. In diesem Rahmen gilt grundsätzlich das Prinzip der freien Arzt- bzw. Leistungserbringerwahl. Da nur die angemessenen Kosten zu erstatten sind, sind innerhalb der Auswahl die Standards deutscher Versorgung durch Leistungserbringer zu beachten. Die in Deutschland bei angemessener Versorgung verursachten Kosten stellen die Obergrenze der möglichen Erstattung dar (Ricke, in: KassKomm SGB VII, § 97 Rz. 3a; offen lassend: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 22.8.2013, L 2 U 133/11).

2.2 Vorrang über- und zwischenstaatlichen Rechts

 

Rz. 7

§ 97 gilt nur insoweit, als nicht überstaatliches Recht oder bi- und multilaterale internationale Verträge etwas anderes vorsehen. Die Rechtslage ist uneinheitlich und muss für jeden Staat im Einzelfall geprüft werden (vgl. ausführliche Hinweise in: Lauterbach/Raschke, SGB VII, § 97.) Zur Orientierung können die folgenden Ausführungen dienen.

2.2.1 EU-Ausland unter Geltung der VO Nr. 1408/71

 

Rz. 8

In den Ländern der Europäischen Union und in bestimmten assoziierten Ländern gilt die sog. Wanderarbeiterverordnung (EWG-Verordnung Nr. 1408/71, ergänzt durch die EWG-Verordnung Nr. 574/72), die den Leistungstransfer regelt. Jeder Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates, der Arbeiter, Selbständiger oder Student ist, erhält Transferleistungen nach Maßgabe dieser Verordnung. Danach werden Geldleistungen, zu denen abweichend von § 97 auch das Pflegegeld gehört, vom deutschen Unfallversicherungsträger nach dem für diesen geltenden Recht (Recht des Leistungsstaates) ausgezahlt. Sachleistungen erhält der Berechtigte von dem in dem jeweiligen Land zuständigen Träger nach dem Recht des Aufenthaltsstaates (Sachleistungsaushilfe). Der deutsche Versicherungsträger muss dem Versicherungsträger des Aufenthaltsstaates die Kosten der Leistung erstatten.

2.2.2 Sozialversicherungsabkommen

 

Rz. 9

Für Staaten, mit denen Deutschland Sozialversicherungsabkommen bilateral oder multilateral geschlossen hat, regelt der Inhalt des jeweiligen Abkommens den Leistungstransfer. Den Abkommen ist i. d. R. gemeinsam (nach Hauck/Graeff, SGB VII, § 97 Rz. 4d):

  • Geldleistungsexport. Die Gebiete der Vertragsstaaten werden bezüglich der Leistungserbringung gleichgestellt. Das Erbringen von Leistungen darf nicht vom Aufenthaltsort des Berechtigten abhängig gemacht werden.
  • Sachleistungsaushilfe. Sachleistungen werden vom Versicherungsträger des Aufenthaltsstaates nach dessen Rechtsvorschriften erbracht. Der deutsche Versicherungsträger erstattet die Kosten. Leistungen unmittelbar durch den deutschen Träger kommen nur ausnahmsweise in Betracht.
  • Zustimmungserfordernis. Will der Versicherte im Laufe einer Heilmaßnahme oder einer anderen Sachleistung von erheblicher finanzieller Bedeutung seinen Aufenthaltsort wechseln, bedarf es der vorherigen Zustimmung des jeweiligen Kostenträgers.

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