Rz. 31

Aufrechnung:

Eine laufende Leistung der Sozialhilfe, auch Grundsicherung ist Sozialhilfe, kann bis auf das im Einzelfall Unerlässliche mit Ansprüchen des Trägers der Sozialhilfe gegen eine leistungsberechtigte Person aufgerechnet werden, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen der Sozialhilfe handelt, die die leistungsberechtigte Person (oder ihr Vertreter) durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben oder durch pflichtwidriges Unterlassen veranlasst hat, oder wenn es sich um Ansprüche auf Kostenersatz nach §§ 103 und 104 handelt (§ 26 Abs. 2). Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung, die Besonderheiten des Einzelfalles sind also in vollem Umfang zu berücksichtigen. Wegen ein und desselben Anspruches darf nur für einen Zeitraum von insgesamt drei Jahren aufgerechnet werden. Ein neuer Kostenersatzanspruch lässt die Drei-Jahres-Frist erneut aufleben.

Ausgeschlossen ist die Aufrechnung, soweit dadurch der Gesundheit dienende Leistungen gefährdet werden (§ 26 Abs. 4). Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist gerichtlich voll überprüfbar (unbestimmter Rechtsbegriff) und im Übrigen gleitend ausgestaltet ("soweit").

Die Aufrechnungsregelung bezieht sich nicht nur auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung, sondern auf sämtliche Sozialhilfeleistungen. Dies ergibt sich aus der Stellung der Vorschrift in Kap. 2 des Gesetzes.

 

Rz. 32

Verjährung:

Der Anspruch auf Kostenersatz, der mit einem bestandskräftigen Leistungsbescheid geltend gemacht wurde, verjährt nach § 52 Abs. 2 SGB X in 30 Jahren. Der noch nicht unanfechtbar geltend gemachte Ersatzanspruch verjährt gemäß § 50 SGB X nach 4 Jahren, wenn er auf §§ 44ff. SGB X beruht

 

Rz. 33

Erlöschen:

Der Kostenersatzanspruch bei mutwilligem Verhalten (§ 103) und bei unrechtmäßig erbrachten Leistungen (§ 104) erlischt in 3 Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Leistung erbracht worden ist (§ 103 Abs. 3 Satz 1). Erlöschen bedeutet, dass der Anspruch untergegangen ist und deshalb nicht mehr existiert. Eine aufgrund erloschenen Ersatzanspruchs erbrachte Zahlung kann deshalb wegen Rechtsgrundlosigkeit zurückgefordert werden (Steimer, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 103 Rz. 29). Dies unterscheidet das Erlöschen grundlegend von der Verjährung. Ein verjährter Anspruch besteht weiterhin. Er kann erfüllt werden und in diesem Falle kann die entsprechende Leistung auch nicht zurückgefordert werden. Wird die Verjährung im Wege der Einrede jedoch geltend gemacht, so ist die Beitreibung des verjährten Anspruches nicht möglich.

 

Rz. 34

Als allgemeine Vorschrift tritt § 52 SGB X über die verjährungsrechtlichen Wirkungen von Verwaltungsakten hinter die Erlöschensvorschrift in § 103 Abs. 3 zurück (Steimer, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 103 Rz. 28; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 103 Rz. 17).

 

Rz. 35

Die 3-Jahres-Frist beginnt nicht mit Erlass des der Sozialhilfeleistung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes, sondern in dem Zeitpunkt, in dem die Leistung tatsächlich erbracht wird (Steimer, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 103 Rz. 29; H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a. a. O., § 103 Rz. 32; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 103 Rz. 17).

 

Rz. 36

Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sinngemäß (§ 103 Abs. 3 Satz 3).

 

Rz. 37

Die Erlöschensfrist ist gehemmt, solange der Kostenersatzpflichtige aufgrund einer Vereinbarung mit dem Kostenersatz verlangenden Sozialhilfeträger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist (§ 205 BGB). Dasselbe gilt bei Verhandlungen über den Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach (§ 203 BGB). In jedem Fall endet die Hemmung 6 Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Beendigung des Verfahrens (§ 204 Abs. 2 BGB). Der früher als Unterbrechung bezeichnete Tatbestand wird nach neuem bürgerlichen Recht als Neubeginn bezeichnet. Der Neubeginn hat zur Folge, dass die bis dahin verstrichene Zeit für die weitere Erlöschensberechnung nicht in Betracht kommt. Die Erlöschensfrist beginnt also neu zu laufen (§ 212 BGB). Ein Neubeginn kommt nur noch beim Schuldanerkenntnis des Ersatzpflichtigen oder bei Vornahme bzw. Beantragung einer gerichtlichen Vollstreckungshandlung in Betracht (§ 212 BGB).

 

Rz. 38

Klage und Erlass eines Leistungsbescheides (§ 103 Abs. 3 Satz 3) bewirken nicht mehr (wie früher) eine Unterbrechung/einen Neubeginn, sondern haben nur die Wirkung einer Hemmung.

 

Rz. 39

Es gibt beachtliche Argumente, die die Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Hemmung und den Neubeginn für nicht sachgerecht halten. Es wird zu Recht ins Feld geführt, dass die Verjährungsregelung dem Wesen einer Erlöschensfrist widerspricht. Mit dem Erlöschen des Anspruchs soll ohne Wenn und Aber die Angelegenheit erledigt sein. Gerade dies tritt aber bei Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften für die Verjährung nicht ein. Eine vernünftige ...

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