Rz. 21a

Zur Angleichung der Rechtskreise und zur geplanten Zusammenführung der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche ab 1.1.2028 sind einige rechtliche Harmonisierungen notwendig. So sollte auch für die Eingliederungshilfe von Kindern und Jugendlichen mit seelischer Behinderung nach § 35a ausdrücklich das Merkmal der "Wesentlichkeit der Behinderung" vorgesehen werden, wie es bereits Gegenstand der sozialrechtlichen Eingliederungshilfe nach § 99 Abs. 1 SGB IX ist. Auch müssen die unterschiedlichen Regelungen zur Heranziehung von Einkommen und Vermögen vereinheitlicht werden (so zutreffend Kühl/Stölting, NZS 2023, 241).

 

Rz. 21b

Offen bleibt bisher auch, welche Gerichtsbarkeit zuständig sein wird. Die Eingliederungshilfe für von seelischer Behinderung betroffene oder bedrohte junge Menschen i. S. d. § 35a unterfällt i. S. d. § 40 VwGO der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Rechtsstreitigkeiten im Bereich der Eingliederungshilfe für junge Menschen, die von einer körperlichen bzw. geistigen Behinderung betroffen oder bedroht sind, fallen hingegen nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG in den Zuständigkeitsbereich der Sozialgerichte. Teile der Literatur plädieren für eine Zuständigkeit der Sozialgerichte für alle Streitigkeiten über die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche (Kühl/Stölting, NZS 2023, 241; die Frage wirft auch auf Lange, ZKJ 2023, 337). Dies ist zu begrüßen, weil der Zugang zu den Sozialgerichten besonders niedrigschwellig ist. Außerdem finden sich im Sozialrecht besondere, die Verwirklichung von Leistungsansprüchen erleichternde Rechtsinstitute, namentlich in §§ 75 Abs. 5, 86, 96 und 109 SGG. Die Sozialgerichtsbarkeit verfügt über eine besondere Expertise im Recht der Leistungserbringung, auch spricht der leichtere Zugang zur Berufungsinstanz (kein Anwaltszwang) für die Sozialgerichtsbarkeit (vgl. zusammenfassend bei Lange, ZKJ 2023, 337, 338). Vermieden werden sollte hingegen eine altersabhängige Aufspaltung des Rehabilitationsrechts auf zwei Rechtswege (vgl. auch bei Lange, a. a. O.).

 

Rz. 21c

Im Sommer 2022 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Prozess zu einer Gesamtlösung mit einer Auftaktveranstaltung gestartet (vgl.: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/gemeinsam-zum-ziel-inklusive-kinder-und-jugendhilfe-gestalten-195938; zuletzt abgerufen am 19.3.2024). Der Deutsche Sozialgerichtstag (DSGT) hat im Dezember 2022 ein Positionspapier (Von der Ankündigung zur Umsetzung zur Gesamtzuständigkeit und Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe) herausgebracht (https://www.sozialgerichtstag.de/von-der-ankuendigung-zur-umsetzung-zur-gesamtzustaendigkeit-und-inklusion-in-der-kinder-und-jugendhilfe/; zuletzt abgerufen am 19.3.2024). Der DSGT spricht sich darin für eine Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit aus. Auch das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) hat auf seiner Website Stellung zur inklusiven Lösung bezogen und unter anderem auch auf Hinweise und Stellungnahmen anderer Verbände verlinkt (vgl. https://dijuf.de/handlungsfelder/kjsg/inklusives-sgb-viii/inklusive-loesung; zuletzt abgerufen am 19.3.2024). Weitergehend vgl. auch bei der Bundesvereinigung Lebenshilfe: https://www.lebenshilfe.de/informieren/kinder/reform-der-kinder-und-jugendhilfe; bei der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e. V. (IJAB): https://www.kinder-jugendhilfe.info/allgemeine-rahmenbedingungen/gesellschaft/kinder-und-jugendhilfe-inklusion, und beim Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e. V. (bvkm): https://bvkm.de/ratgeber/kinder-und-jugendhilfe/; alle zuletzt abgerufen am 19.3.2024.

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