Rz. 5

Im Asylverfahren erfolgt zunächst eine räumliche Zuweisung der Asylbewerber, um eine gleichmäßige Verteilung der hiermit verbundenen Lasten zu gewährleisten. § 11 Abs. 2 trifft selbst keine Zuständigkeitsregelung, sondern knüpft an die Regelungen in § 10a an (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 27.10.2006, L 20 B 52/06 AY ER, Beschluss v. 17.5.2016, L 20 AY 22/16 B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 20.2.2014, L 8 AY 98/13 B ER). Bei einem unerlaubten Aufenthalt der leistungsberechtigten Person außerhalb des Zuweisungsbereiches i. S. d. § 10a Abs. 1 Satz 1 ruht die örtliche Zuständigkeit gemäß § 11 a. F. Abs. 2 bis zu ihrer Rückkehr (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.3.2012, L 20 AY 7/12 B ER). Nach der mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vorgenommenen Neuregelung der §§ 10a Abs. 1, 11 Abs. 2 mit Wirkung ab dem 24.10.2015 dürfte dieser Sachverhalt nunmehr anders zu beurteilen sein. Denn der Wortlaut der o. g. Bestimmungen legt nunmehr nahe, dass die Behörde des tatsächlichen Aufenthaltsortes regelmäßig nur eine Reisebeihilfe gewährt, während im Übrigen, also z. B. bei Reiseunfähigkeit die Behörde des rechtmäßigen Aufenthaltes für die Leistungserbringung zuständig sein dürfte (so wohl auch Deibel, ZFSH/SGB 2015, S. 712).

 

Rz. 6

Ein Verstoß gegen Wohnsitz- und Aufenthaltsauflagen i. S. d. Abs. 2, die sich aus §§ 60a bis 61 AufenthG bzw. §§ 59a bis 60 AsylG a. F. bzw. §§ 56, 59a AsylG ergeben können, liegt jedoch nur dann vor, wenn diese noch wirksam sind. Nach altem Recht (vgl. § 56 Abs. 3 AsylVfG a. F.) war es wohl h. M., dass eine asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung spätestens mit Beendigung des Asylverfahrens erlischt, und damit auch die mit ihr verbundenen räumlichen Beschränkungen nach § 56 AsylVfG a. F., die ebenfalls "zur Durchführung des Asylverfahrens" erteilt werden. Sie erledigten sich dadurch "auf andere Weise" i. S. d. Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder (vgl. z. B. § 43 Abs. 2 VwVfG NW). Nach Abschluss des Asylverfahrens oder Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG wurden diese Beschränkungen daher gegenstandslos. Der Gesetzgeber hat § 56 AsylVfG aber aufgehoben und durch die Regelungen in §§ 59, 56 AsylG ersetzt. § 56 AsylG lautet:

„(1) Die Aufenthaltsgestattung ist räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem die für die Aufnahme des Ausländers zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt.

(2) Wenn der Ausländer verpflichtet ist, in dem Bezirk einer anderen Ausländerbehörde Aufenthalt zu nehmen, ist die Aufenthaltsgestattung räumlich auf deren Bezirk beschränkt.”

Ergänzend bestimmt § 59a AsylG in der Fassung des Gesetzes v. 23.12.2014 (BGBl. I S. 2439):

„(1) Die räumliche Beschränkung nach § 56 erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält. Die räumliche Beschränkung erlischt abweichend von Satz 1 nicht, solange die Verpflichtung des Ausländers, in der für seine Aufnahme zuständigen Einrichtung zu wohnen, fortbesteht.

(2) Räumliche Beschränkungen bleiben auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft bis sie aufgehoben werden, längstens aber bis zu dem in Absatz 1 bestimmten Zeitpunkt. Abweichend von Satz 1 erlöschen räumliche Beschränkungen, wenn der Aufenthalt nach § 25 Absatz 1 Satz 3 oder § 25 Absatz 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes als erlaubt gilt oder ein Aufenthaltstitel erteilt wird.”

Für die Annahme einer Erledigung der Wohnsitz- und Aufenthaltsauflagen auf andere Weise i. S. d. § 43 Abs. 2 VwVfG der Länder dürfte bei dieser neuen Gesetzeslage kaum noch Raum sein. Ausländerrechtlich ist die räumliche Beschränkung des Aufenthaltes nach § 59a Abs. 2 AsylG von der Wohnsitzauflage (vgl. §§ 47, 50, 51, 60 AsylG) zu trennen. Denn anders als bei der Wohnsitzauflage darf bei der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts der räumliche Aufenthaltsbereich nur mit einzelfallbezogener Verlassenserlaubnis verlassen werden (vgl. Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 59b Rz. 4).

 

Rz. 7

Die Innenministerien der Länder wirken aber i. d. R. darauf hin, dass eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Asylbewerber mit einer Duldung auch nach Erlöschen der Zuweisungsentscheidung nach dem AsylG erfolgt. Hierzu werden die Ausländerbehörden (regelmäßig die Kreise und kreisfreien Städte) angehalten, in die Duldung (§ 60a AufenthG) eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Zuweisungsgemeinde vorzunehmen, was regelmäßig auch geschieht. Rechtsgrundlage hierfür ist § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (früher § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Danach können im Zusammenhang mit einer Duldung Bedingungen und Auflagen angeordnet werden. Die wohnsitzbeschränkende Auflage dient insbesondere dazu, ungleiche Belastungen der Träger der Sozialhilfe zu vermeiden und ist mit höherrangigem Recht vereinbar (VG Braunschweig, Urteil v. 11.7.2007, 7 A 211/06). Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde (VG Braunschweig, a. a. O.). Aus der örtlichen Beschränkung...

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