Rz. 18

In einzelnen Rechtsgebieten, vor allem im Vertragsarztrecht, sind Besonderheiten zu beachten. Gerade hierzu ist auch einige Rechtsprechung ergangen.

 

Rz. 19

Vertragsarztrecht:

Die Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss oder dem Berufungsausschuss nach § 106 Abs. 5, § 97 Abs. 3 Satz 2 SGB V sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG keine Widerspruchsverfahren, sondern eigenständige Verwaltungsverfahren (BSGE 62 S. 24, 32; BSG, Urteil v. 9.3.1994, 6 RKa 5/91, BSGE 74 S. 59; BSG, Urteil v. 27.1.1993, 6 RKa 40/91, SozR 3-1500 § 95 Nr. 1). Sie gelten aber als Widerspruchsverfahren.

Gegenstand des Klageverfahrens ist bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen grundsätzlich allein der vom Beschwerdeausschuss erlassene Verwaltungsakt (BSG, Urteil v. 9.3.1994, 6 RKa 5/92, SozR 3-2500 § 106 Nr. 22 = 3-1500 § 95 Nr. 2; Bay LSG, Urteil v. 4.2.1998, L 12 KA 520/96). Eine Klage gegen den Prüfungsbescheid kommt in Betracht, wenn der Beschwerdeausschuss den Bescheid aus formellen Gründen aufheben musste (BSGE 60 S. 69, 74 = SozR 2200 § 368n Nr. 42; BSG, SozR 3-1300 § 35 Nr. 5; BSG, USK 9596 = SozSich 1996 S. 357; a. A. LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 22.11.1994, L 6 Ka 41/93, E-LSG Ka-030; SG Stuttgart, Urteil v. 25.3.1992, S 15 Ka 3065/90).

 

Rz. 20

Schwerbehindertenrecht:

Mit dem erstmals im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf ein bestimmtes Merkzeichen wird ein neuer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt, denn die Feststellung des Merkzeichens kann unabhängig von der Höhe des Grades der Behinderung erfolgen. Das gilt jedenfalls für das Merkzeichen "G" (BSG, Urteil v. 10.12.1987, 9a RVs 11/87, BSGE 62 S. 273; BSG, Beschluss v. 12.12.1995, 9 BVs 28/95).

Nach Auffassung des LSG Bremen (Breithaupt 1999 S. 252) ist das Rechtsschutzinteresse an einer isolierten Aufhebung des Widerspruchsbescheids bei Anfechtung eines Herabsetzungsbescheids grundsätzlich nicht gegeben.

 

Rz. 21

Arbeitslosenversicherung:

Gegenstand des Verfahrens über die Minderung des Arbeitslosengeldes bei verspäteter Suchendmeldung sind das Schreiben der BA über die Obliegenheitsverletzung, die Minderung und der Bewilligungsbescheid als rechtliche Einheit, BSG, Urteil v. 18.8.2005, B 7a AL 4/05 R, SozR 4-1500 § 95 Nr. 1 = Breithaupt 2006 S. 345 ff (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.4.2009, L 13 AL 1864/07, juris: Bewilligungs- und Sperrzeitbescheid als rechtliche Einheit).

 

Rz. 22

Grundsicherung für Arbeitssuchende:

Für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende existiert eine umfangreiche Rechtsprechung zur Abtrennbarkeit von Streitgegenständen mit unmittelbarer Auswirkung auf den Klagegegenstand. Abtrennbar sind der Anspruch auf eine Erstausstattung nach § 23 SGB II (BSG, Urteil v. 19.9.2008, B 14 AS 67/07 R, BSGE 101, 268; Urteil v. 1.7.2009, B 4 AS 77/08 R, NJW 2010, 462 = SozR 4-4200 § 23 Nr. 4; Urteil v. 24.2.2011, B 14 AS 75/10 R, SozR -4200 § 23 Nr. 11), Übernahme von Schulbedarf (BSG, Urteil v. 10.5.2011, B 4 AS 11/10 R, SozR 4-4200 § 44 Nr. 2), Eingliederungsleistungen (BSG, Urteil v. 1.6.2010, B 4 AS 63/09 R, FEVS 62, 154), die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung (BSG, Urteil v. 26.5.2011, B 14 AS 86/09 R, juris; Urteil v. 7.11.2006, BSGE 97, 217; Urteil v. 16.12.2008, B 4 AS 60/07 R, BSGE 102, 201; Urteil v. 22.9.2009, B 4 AS 70/08 R, juris), aber nicht nur die Heizkosten (BSG, Urteil v. 26.5.2011, B 14 AS 132/10 R, juris; Urteil v. 2.7.2009, B 4 AS 36/08 R, BSGE 104, 41), weiterhin die Kosten für eine Klassenfahrt (BSG, Urteil v. 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R, BSGE 102, 68) sowie eine Mehraufwandsentschädigung (BSG, Urteil v. 13.11.2008, B 14 AS 66/07 R, BSGE 102, 73). Dasselbe gilt für andere einmalige Beihilfen (LSG NRW, Urteil v. 27.8.2009, L 7 AS 72/08, juris). Umstritten ist die Abtrennbarkeit hinsichtlich eines Mehrbedarfs (bejahend: LSG Sachsen, Beschluss v. 15.2.2010, L 3 AS 780/09 NZB, juris; Urteil v. 27.8.2009, L 3 AS 245/08, juris; ablehnend: LSG Bayern, Beschluss v. 8.11.2010, L 11 AS 652/10 B ER, juris; Beschluss v. 4.11.2010, L 11 AS 759/10 B PKH, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 1.12.2009, L 19 AS 1351/07, juris).

 

Rz. 23

Sozialhilfe:

Eine Beschränkung des Gegenstandes auf die Höhe des Regelsatzes ist möglich (BSG, Urteil v. 19.5.2009, B 8 SO 8/08 R, BSGE 103, 181), aber nicht auf einzelne Berechnungselemente des Leistungsbetrages (BSG, Urteile v. 9.6.2011, B 8 SO 1 und 11/10 R, juris). Abtrennbare Streitgegenstände sind Erstausstattungen (BSG, Urteil v. 9.6.2011, B 8 SO 3/10 R, SGb 2011, 457) und Kosten für Unterkunft und Heizung (BSG, Urteil v. 14.4.2011, B 8 SO 18/09 R, juris).

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