Rz. 9

Notwendig beizuladen ist bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung stets der begünstigte Dritte (vgl. BSG, Urteil v. 11.3.1987, 10 RKg 7/86, SozR 1500 § 75 Nr. 64). Ein häufiger Fall der Beiladung nach § 75 Abs. 2 1. Alt. ist die Beiladung des Sozialhilfeträgers, der einen Ersatzanspruch nach § 93 SGB XII (bis zum 31.12.2004: § 90 BSHG) angemeldet hat, im Streit zwischen Versichertem und Versicherungsträger wegen Leistung sowie umgekehrt des Versicherten im Erstattungsstreit zwischen Versicherungs- und Sozialhilfeträger (vgl. BSG, Urteil v. 23.2.1999, B 1 KR 6/97 R, SozR 3-1300 § 111 Nr. 7; Urteil v. 12.6.1986, 8 RK 61/84, SozR 1500 § 75 Nr. 60; Urteil v. 15.11.1989, 5 RJ 41/89, SozR 1500 § 75 Nr. 80; anders für einen Erstattungsstreit zwischen Krankenkassen BSG, Urteil v. 10.5.2005, B 1 KR 20/04 R, SozR 4-1300 § 111 Nr. 3; Zeihe, SGG, § 75 Rn. 15c, verneint generell die Notwendigkeit der Beiladung in diesen Fällen).

 

Rz. 10

Bei einem Streit über die Versicherungspflichtigkeit einer Beschäftigung ist der Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber beizuladen, ebenso Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen Versicherungsträgern (vgl. BSG, Urteil v. 20.12.1962, 3 RK 31/58, BSGE 18 S. 190, 193). In einem Rechtsstreit über die Befreiung der Ehegattin eines Landwirts von der Versicherungspflicht ist der Landwirt notwendig beizuladen (BSG, Urteil v. 16.10.2002, B 10 LW 5/01 R, SozR 3-1500 § 75 Nr. 33). Beim Streit zwischen Versichertem oder Arbeitgeber und einer Krankenkasse als Beitragseinzugsstelle über die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung sind die Renten- und Arbeitslosenversicherungsträger beizuladen (BSG, Urteil v. 29.3.1962, 3 RK 83/59, BSGE 17 S. 1; BSG, Urteil v. 26.10.1989, 12 RK 14/88, SozR 1500 § 75 Nr. 82; kritisch: Zeihe, SGG, § 75 Rn. 15c). Notwendig beizuladen ist der Stammversicherte zum Verfahren eines Angehörigen auf Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung (vgl. BSG, Urteil v. 18.3.1999, B 12 KR 8/98 R, SozR 3-1500 § 78 Nr. 3; BSG, Urteil v. 29.6.1993, 12 RK 48/91, BSGE 72 S. 292, 294, für die Beiladung des Familienangehörigen bei Klage des Stammversicherten). Ein Krankenhauspatient ist im Streit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse nicht notwendig beizuladen (BSG, Urteil v. 11.3.1987, 8 RK 19/85, BSGE 61 S. 197). Auch bei Streit über die Krankenhauspflege zwischen Versichertem und Krankenkasse ist keine Beiladung notwendig (BSG, Urteil v. 12.10.1988, 3/8 RK 19/86, SozR 1500 § 75 Nr. 71). Bei Streitigkeiten über die Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel sind die Spitzenverbände der Krankenkassen notwendig beizuladen (BSG, Beschluss v. 9.2.1995, 3 RK 22/94, SozR 3-1500 § 10 Nr. 1).

 

Rz. 11

In Verfahren zwischen einem Unternehmer und einem Träger der Rentenversicherung nach dem KSVG ist die Künstlersozialkasse nicht notwendig beizuladen (BSG, Urteil v. 25.11.2010, B 3 KS 1/10 R, SozR 4-5425 § 2 Nr. 18).

 

Rz. 12

Wegen der Abhängigkeit der Vergütungsansprüche des privaten Vermittlers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit mit ihren Vermittlungsmakleransprüchen gegen die Arbeitnehmer ist eine Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren nur einheitlich möglich, so dass die Arbeitnehmer bzw. Vermittelten notwendig beizuladen sind (BSG, Urteil v. 6.4.2006, B 7a AL 56/05 R, NJW 2007 S. 1902).

 

Rz. 13

Ist für eine Entscheidung eine Mitwirkung eines anderen Rechtsträgers in Form eines Einverständnisses oder einer Zustimmung erforderlich, ist dies ein Fall der notwendigen Beiladung (vgl. BSG, Urteil v. 31.8.1983, 2 RU 65/82, SozR 1500 § 75 Nr. 49; BSG, Urteil v. 15.1.1986, 3/8 RK 5/84, BSGE 59 S. 258, 259; BSG, Urteil v. 1.10.1990, 6 RKa 30/89, BSGE 67 S. 256). Ist hingegen nur das Benehmen herzustellen, ist die Beiladung nicht notwendig (BSG, Urteil v. 24.8.1994, 6 RKa 15/93, SozR 3-2500 § 85 Nr. 7).

 

Rz. 14

Zum Streit des Mitglieds einer Bedarfsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 3 SGB II sind die übrigen Mitglieder nach Auffassung des BSG nicht notwendig beizuladen; sie sind vielmehr in aller Regel als weitere Kläger in das Verfahren einzubeziehen (vgl. BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 14/06 R, SozR 4-4200 § 20 Nr. 1; Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; vgl. auch Urteil v. 21.12.2009, B 14 AS 46/08 R, und Urteil v. 31.10.2007, B 14/7b AS 42/06 R, ZFSH/SGB 2008 S. 221). Das BSG hat es in diesen Entscheidungen als zulässig angesehen, die Klage eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes als Klage aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen, auch wenn die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht in der Klageschrift genannt gewesen sind. Maßgebend für die Verfahrensweise war, dass bis zu den Entscheidungen v. 7.11.2006 nicht geklärt war, wer Inhaber der Ansprüche nach dem SGB II – die Bedarfsgemeinschaft oder die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft – war. Diese Verfahrensweise begegnet unter dogmatischen Gesichtspunkten erheblichen Bedenken. Der Meistbegünstigungsgrundsatz hat Bedeutung im Zus...

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