2.1.1.1 Inhaltliche Abgrenzung

2.1.1.1.1 Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das Gericht (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1)

 

Rz. 2

Nach Abs. 1 Nr. 1 kann das Gericht in den Fällen, in denen Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Betroffen sind nach der Gesetzesbegründung auch Verwaltungsakte mit Drittwirkung (wie etwa Zulassungsbescheide im Vertragsarztrecht). Dort liegt der eigentliche Anwendungsbereich dieser Antragsart. Legt ein Drittbetroffener gegen einen begünstigenden Verwaltungsakt (z. B. Zulassungsbescheid) Widerspruch ein bzw. erhebt er gegen den Widerspruchsbescheid Klage, so hat dies aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 zur Folge. Der dadurch benachteiligte Adressat kann nun die sofortige Vollziehung beantragen. Bei einem belastenden Verwaltungsakt mit begünstigender Drittwirkung kann der Dritte (Konkurrent, Wettbewerber) die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Klage des Adressaten durch den Antrag zu beseitigen versuchen. Drittwirkung haben z. B. wegen der möglichen Auswirkung auf die Rentenhöhe Bescheide über Gewährung von Hinterbliebenenrente an den hinterbliebenen und früheren geschiedenen Ehegatten und zwar im Verhältnis sowohl zu dem hinterbliebenen als auch zu dem früheren geschiedenen Ehegatten (vgl. BSG, Urteil v. 23.6.1964, 11/1 RA 90/62, BSGE 21 S. 125), Gewährung von Hinterbliebenrenten an hinterbliebene Ehegatten aus einer Mehrehe, Bescheid über Vormerkung einer Kindererziehungszeit, wenn für miterziehenden Elternteil beantragt (BSG, Urteil v. 28.2.1991, 4 RA 76/90, FamRZ 1992 S. 805), gegenüber Krankenkassen und Krankenkassenverbänden Bescheide der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse über Honorarkürzungen und Arzneimittelregresse wegen unwirtschaftlicher Behandlungs- und/oder Verordnungsweise und deren Ablehnung, Aufhebung und Minderung (vgl. BSG, Urteil v. 18.5.1983, 6 RKa 18/80, MedR 1984 S. 74). Hierzu rechnen schließlich wettbewerbswirksame Fallgestaltungen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 11.12.1990, 1 BvR 935/90, DVBl 1991 S. 309).

 

Rz. 3

Weitere Beispiele für Fallgestaltungen mit Drittbezug (hierzu auch Krodel, Eilverfahren, B Rn 169):

 

Rz. 4

Für einen Antrag einer Behörde wird i. d. R. das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil sie die sofortige Vollziehung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 anordnen kann. Die Anordnung setzt ebenso wie im Fall des § 86a Abs. 2 Nr. 5 ein Vollzugsinteresse voraus. Die den zu vollziehenden Verwaltungsakt erlassende Behörde kann jedoch die gerichtliche Anordnung seiner sofortigen Vollziehung nicht verlangen, weil sie diese Anordnung nach § 86a Abs. 1 Nr. 5 selbst treffen und in einem Fall des § 86a Abs. 3 Satz 1 u. Abs. 4 Satz 2 die von ihr verfügte Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 3 Satz 5 und Abs. 4 Satz 2 jederzeit wieder selbst aufheben kann (Peters/Sautter/Wolff, SGG, 9/2004, § 86b Rn. 10). Ausnahmsweise kann das Vollzugsinteresse zugunsten der Behörde vorliegen, wenn diese nämlich an der Anordnung der sofortigen Vollziehung oder der Aufhebung der aufschiebenden Wirkung durch eine entgegenstehende gerichtliche Entscheidung gehindert ist (OVG Niedersachsen, Beschluss v. 22.12.1994, 1 M 7516/94, MDR 1995 S. 796).

2.1.1.1.2 Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2)

 

Rz. 5

Abs. 1 Nr. 2 betrifft den umgekehrten Fall, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungs...

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