Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für einen Vertragsarzt durch den Zulassungsausschuss. sozialgerichtliches Verfahren. gerichtliche Kontrolle. sofortige Vollziehbarkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur sofortigen Vollziehung einer Sonderbedarfszulassung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung.

2. Allein die berufsrechtliche Einführung einer neuen Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung rechtfertigt keine Sonderbedarfszulassung in überversorgten Gebieten. Erforderlich ist neben einer bestimmten ärztlichen Qualifikation stets ein besonderer Versorgungsbedarf in dem betreffenden Versorgungsbereich.

3. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Verwaltungsentscheidung der Zulassungsinstanz ein richtig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe die rechtlichen Grenzen eingehalten sind und ob die getroffenen Subsumtionserwägungen erkennbar und nachvollziehbar sind.

4. Bei der Entscheidung über Sonderbedarfszulassungen müssen sich die Zulassungsgremien ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betroffenen Planungsbereich machen, welche Leistungen in welchem Umfang zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung iS des § 101 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5 im Planungsbereich erforderlich sind, von den dort zugelassenen Ärzten aber nicht angeboten werden.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen zu 6) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 23.07.2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 6) trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

Streitig ist, ob die dem Antragsteller erteilte Sonderbedarfszulassung für sofort vollziehbar zu erklären ist.

Der Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie und seit 1994 Oberarzt der Kardiologischen Klinik des F Krankenhauses N. Mit Schreiben vom 06.10.2007 beantragte er die Zulassung als fachärztlich tätiger Arzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie im Rahmen eines Sonderbedarfs in der Stadt N mit der Begründung, dass dort die kardiologische Behandlung von Patienten unzureichend sei; es bestünden mehrmonatige Wartezeiten; die hausärztlich tätigen Ärzte seien gezwungen, Patienten in kardiologische Praxen in den Nachbarstädten bis hin nach Düsseldorf zu überweisen.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf lehnte den Antrag in der Sitzung vom 26.03.2008 ab, da die Versorgung sichergestellt sei. Mit seinem Widerspruch machte der Antragsteller u.a. geltend, ein Großteil der einer ambulanten fachkardiologischen Behandlung bedürfenden Patienten müsse mehrmonatige Wartezeiten hinnehmen. Der Planungsbereich N sei als kardiologisches Notstandsgebiet anzusehen.

Mit Beschluss vom 22.10.2008 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück, da ein Sonderbedarf nicht habe ermittelt werden können. Diese Entscheidung hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg angegriffen. Mit Urteil vom 28.01.2010 - S 19 KA 15/08 - hat das SG den Beschluss des Antragsgegners aufgehoben und ihn verpflichtet, den Zulassungsantrag erneut zu bescheiden. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Zulassungsinstanzen hätten nicht sämtliche möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen in einem ausreichenden Umfang festgestellt. Insbesondere habe es der Antragsgegner versäumt, bei den in N niedergelassenen Kardiologen Dr. H und der Gemeinschaftspraxis Dres. N/P anzufragen, ob diejenigen Leistungen, derentwegen der Antragsteller einen Sonderbedarf geltend mache, in ihren Praxen angeboten und ggf. in welchem Umfang diese Leistungen auch tatsächlich erbracht werden. Die Eigenauskünfte der in N fachkardiologisch tätigen Internisten zum Leistungsangebot und zum Auslastungsgrad ihrer jeweiligen Praxen seien durch Ermittlungen anderer Tatsachen, insbesondere der Wartezeiten und der tatsächlichen Praxisöffnungszeiten, nicht ergänzt oder objektiviert worden. Für die Gemeinschaftspraxis hätten nicht nur die Frequenztabellen der Jahre 2007 und 2008, sondern auch die für die Quartale I/2009 und Il/2009 beigezogen werden müssen, um den tatsächlichen Auslastungsgrad hinsichtlich der Leistungen nach den Nrn. 13540 bis 13561 EBM festzustellen.

Das Urteil des SG ist rechtskräftig geworden.

Im neuerlichen Widerspruchsverfahren hat der Antragsgegner weitere Ermittlungen durchgeführt. Hierzu hat er 50 im Planungsbereich N niedergelassene Hausärzte angeschrieben und um Mitteilung gebeten, welche Wartezeiten in Akut- oder in Notfällen bestehen. Der Antragsgegner hat ferner Frequenztabellen der Praxen Dr. H und Dres. N/P beigezogen und diese nach der kardiologischen Versorgungssituation befragt. Hierauf hat Dr. H erklärt, für Routinetermine liege die Wartezeit in seiner Praxis bei etwa fünf Monaten; bei Patienten, die sich mit akuten Beschwerden bei ihm vorstellen würden, erfolge eine problemzentrierte Akutversorgung; er vermute, dass die hausärztlichen Kollegen sich in Kenntnis der bei ihm seit langem angespannten Terminsituation häufig um eine a...

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