Rz. 4

Die Landesregierungen oder die von ihr beauftragte Stelle (das zuständige Ministerium – Justiz- oder Arbeitsministerium) sind nach § 7 Abs. 1 Satz 4 ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zweigstellen außerhalb des Sitzes eines Sozialgerichts (aber innerhalb des Gerichtsbezirks) zu errichten. Die Errichtung einer Zweigstelle, deren Umfang staatlicherseits bestimmt wird, beinhaltet allein die Einrichtung eines oder mehrerer Spruchkörper (Kammern) an einem anderen als dem Ort des Gerichtssitzes mit einer eingeschränkten organisatorischen Selbständigkeit. Erforderlich ist aber, dass die Zweigstelle über weniger Spruchkörper als die Hauptstelle verfügt (Bay VGH, Beschluss v. 21.4.1995, 20 N 94/2808). Dabei ist von Bedeutung, dass die Verwaltung von der Hauptstelle erfolgt und die Zweigstelle kein eigenes Präsidium hat, die richterliche Geschäftsverteilung erfolgt durch das für das gesamte Sozialgericht zuständige (gewählte) Präsidium. Auch diese Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung ist verfassungsrechtlich aus dem gleichen Grunde wie bei der Ermächtigung in Abs. 1 Satz 3 bedenklich. Überwiegend wird das jedoch als verfassungskonform angesehen, da die Errichtung einer Zweigstelle ein Minus gegenüber der Verlegung des Gerichtssitzes darstellt (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 7 Rz. 4; Zeihe, SGG, § 7 Rz. 10 mit Hinweis auf das OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 2.6.2015, ZK 13/15). Dem ist nicht zuzustimmen, da insbesondere bei der Errichtung mehrerer Zweigstellen de facto ein Eingriff in den Bestand des Gerichtsbezirks erfolgt, der einem reinen Organisationsakt nicht mehr gleichzusetzen ist und andererseits die Gerichtsverwaltung innerhalb des Gerichtsbezirkes am Präsidium vorbei durch Bestimmung der Richter der jeweiligen Zweigstellen den gesetzlichen Richter in nicht zu vertretendem Maße beeinflussen kann. Dies gilt umso mehr, wenn man annimmt, dass der Zweigstelle im Errichtungsakt ein eigener Gerichtsbezirk zugeteilt werden kann (so Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 7 Rz. 4). Die Zuweisung eines Richters an eine Zweigstelle ist regelmäßig keine Versetzung i. S. v. § 30 DRiG.

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