Rz. 21

Bezeichnet der Beteiligte sein Begehren nur indifferent, ist zunächst durch Auslegung zu ermitteln, welches Ziel er verfolgt (zur Auslegung von Prozesshandlungen vgl. BSG, Beschluss v. 16.4.2002, B 9 VG 1/01 R, SozR 3-3800 § 1 Nr. 21; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 1.7.2002, 11 S 1293/02, NJW 2003 S. 80). Es gelten die Grundsätze für die Auslegung prozessualer Willenserklärungen. Die falsche Bezeichnung ist unschädlich. Eine der Auslegung nachgehende Umdeutung ist zulässig. Das gilt aber dann nicht, wenn die Beteiligten rechtskundig vertreten sind oder eine Behörde handelt. Eine nach Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes v. 1.1.2005 erhobene Gegenvorstellung, mit der allein ein Gehörsverstoß gerügt wird, ist als Anhörungsrüge zu behandeln (so VerfG Brandenburg, Beschluss v. 28.9.2006 17/06, juris). Hat allerdings der Kläger seine Beschwerde ausdrücklich als solche bezeichnet, obwohl er sich des Unterschieds zur Anhörungsrüge sehr wohl bewusst ist, schließt dies die Annahme aus, er wolle zumindest auch eine Anhörungsrüge erheben (OVG Lüneburg, Beschluss v. 14.9.2009, 12 OB 242/08, juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss v. 25.11.2008, 1 BvR 848/07, BVerfGE 122, 190). Eine Umdeutung gegen den erklärten Willen ist unzulässig (Zeihe, vor § 143 Rn. 6c; vgl. auch Greger, NJW 2002 S. 3049, 3053). Im Übrigen genügt der erkennbare Wille des Beteiligten, wenn er sich gegen ein unanfechtbares Urteil bzw. einen unanfechtbaren Beschluss wendet und dabei zum Ausdruck bringt, dass er sich hierdurch beschwert fühlt und diesen einer erneuten Überprüfung zugänglich machen will.

Beschränkt sich der Beteiligte auf allgemeine Unmutsäußerungen, liegt schon keine Gehörsrüge vor. Das Verfahren nach § 178a ist dann schon aus diesem Grunde nicht eröffnet. Auf die Frage der Zulässigkeit oder Begründetheit der Rüge kommt es dann nicht an.

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