2.1.1 Berufung

 

Rz. 2

§ 158 betrifft das Rechtsmittel der Berufung. Auch die Anschlussberufung kann als unzulässig verworfen werden. Das wird aber wegen den im Verhältnis zur selbstständigen Berufung geringeren Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. § 143 Rz. 5a) nur selten in Betracht kommen (Peters/Sautter/Wolff, SGG, 8/2005, § 158 Rn. 8). Die Vorschrift ist entsprechend anwendbar, wenn eine Wiederaufnahmeklage gegen eine Berufungsentscheidung nach § 179 SGG, i. V. m. §§ 579, 580 ZPO unzulässig (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 18.3.2003, L 8 LW 14/01; Beschluss v. 24.2.1994, L 15 U 103/93, SGb 1994 S. 522; vgl. auch BSG, Beschluss v. 24.4.2008, B 9 SB 78/07 B, SozR 4-1500 § 158 Nr. 3 mit Anm. Spiolek, jurisPR-SozR 22/2008 Anm. 6; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 158 Rn. 6; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 158 Rn. 18; zu § 125 Abs. 2 VwGO vgl. BVerwG, Beschluss v. 31.10.1995, 5 B 176/95, Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 29; OVG Bremen, Beschluss v. 19.3.1990, 2 T 1/90, NJW 1990 S. 2337). Bei einer unzulässigen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung (§ 145) ist § 202 SGG i. V. m. § 572 Abs. 2 ZPO anzuwenden und die Beschwerde durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen. Der analogen Anwendung des § 158 bedarf es nicht, weil Beschwerden ohnehin vom LSG als Beschwerdegericht durch unanfechtbaren Beschluss verworfen werden, so dass § 158 in diesem Fall keine Verfahrensvereinfachung bringen könnte (Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 158 Rn. 2; Meßling, in: Hennig, SGG, 10/2011, § 158 Rn. 8).

2.1.2 Unstatthaftigkeit/Unzulässigkeit

 

Rz. 3

Während nach § 158 Satz 1 die Berufung (nur) dann als unzulässig zu verwerfen ist, wenn sie nicht statthaft ist oder nicht fristgemäß oder nicht formgerecht eingelegt wurde, setzt § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO seit 1.1.1991 voraus, dass die Berufung unzulässig ist. Nach § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO a. F. waren die Voraussetzungen für eine Verwerfung in gleicher Weise eingegrenzt wie die des § 158 Satz 1. Mit dem Wegfall der in § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO n. F. gelisteten Verwerfungsvoraussetzungen wollte der Gesetzgeber Art. 2 § 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit v. 31.3.1978 in die VwGO integrieren. Hierdurch sollte § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO a. F. ergänzt werden, indem die Verwerfung der Berufung durch Beschluss auch für den Fall ermöglicht wurde, dass andere als die in der VwGO genannten "Erfordernisse" fehlten (BT-Drs. 11/7030, S. 31). Aus diesen Zusammenhängen folgt, dass § 158 Satz 1 dahin zu interpretieren ist, dass die Berufung nicht nur wegen Unstatthaftigkeit, Fristversäumnis oder Formmangels sondern auch wegen Fehlens einer anderen Zulässigkeitsvoraussetzung durch Beschluss als unzulässig verworfen werden darf (Zeihe, SGG, 11/2010, § 158 Rn. 6a; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 157 Rn. 4; Keller, SGG, § 158 Rn. 5; Meßling, in: Hennig, SGG, § 158 Rn. 2; Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 158 Rn. 4; Behn, NZS 1994 S. 481, 486, 487). Wird die Berufung "verworfen", liegt dem zugrunde, dass das LSG keine Sachprüfung vorgenommen hat. Der Zusatz "als unzulässig" ist überflüssig (zutreffend Wolff-Dellen, a. a. O.).

2.1.3 formelle Voraussetzungen der Berufung

 

Rz. 4

Zwingend vor der Sachprüfung muss das LSG klären, ob die Berufung statthaft und im Übrigen zulässig ist. Kommt das LSG zum Ergebnis, dass eine oder mehrere nachfolgender Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ist die Berufung unzulässig (vgl. Rohwer-Kahlmann, SGG, VI/2005, § 158 Rn. 2):

 

Rz. 5

a) Statthaftigkeit der Berufung. Statthaft ist ein Rechtsmittel dann, wenn es gegen Entscheidungen einer bestimmten Art überhaupt gegeben ist. Beispielsweise bestimmt § 143 SGG, dass die Berufung in der Regel statthaft ist (§ 144 Abs. 1 SGG), wann sie es ausnahmsweise nicht ist, und § 144 Abs. 2 SGG, in welchen Fällen – abweichend von § 144 Abs. 1 SGG – die Regel als Ausnahme von der Ausnahme wiederhergestellt wird. Soweit ein Rechtsmittel zugelassen werden muss, wird es erst mit der Zulassung statthaft (Zeihe, SGG, vor § 143 Rn. 3A). Die Berufung ist nicht statthaft, wenn sie sich gegen einen Gerichtsbescheid richtet, gegen den von einem anderen Beteiligten mündliche Verhandlung beantragt worden ist (§ 105 Abs. 2 Satz 3 SGG), wenn und soweit sie nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG der Zulassung bedarf, aber nicht zugelassen ist und auch nicht mehr zugelassen werden kann, wenn sie nur die Kosten des Verfahrens betrifft (§ 144 Abs. 4 SGG), wenn der Berufungskläger eine frühere Berufung gegen dasselbe Urteil nach § 156 Abs. 1 SGG zurückgenommen hatte oder das LSG über die Berufung bereits entschieden hat (vgl. Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 158 Rn. 5). Zur Unstatthaftigkeit der Berufung wegen Nichterreichung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG aufgrund der für die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende geltenden Begrenzung des Streitgegenstandes in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer von 6 bzw. maximal 12 Monate gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 4.12.2007, L 13 AS 3729/07. Zulässig

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