Rz. 42

Die mit § 131 Abs. 5 in der Fassung des 1. Justizmodernisierungsgesetzes v. 24.8.2004 (§ 131 Abs. 5 a. F.) erstmals eröffnete Aufhebung des Verwaltungsakts für den Fall bestimmter Ermittlungsdefizite war auf die Situation der isolierten Anfechtungsklage zugeschnitten, weil deren Rechtschutzziel auf die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts geht und sich nur bei dieser Klageart darin erschöpft. In seiner ursprünglichen Fassung entsprach der Wortlaut des § 131 Abs. 5 Satz 1 dem des § 113 Abs. 3 Satz 1 VwGO, der nach ganz h. M., insbesondere ständiger Rechtsprechung des BVerwG, nur für die Anfechtungsklage gilt und für die Verpflichtungsklage auch nicht entsprechend anwendbar ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 6.7.1998, 9 C 45/97, BVerwGE 107 S. 128; BVerwG, Beschluss v. 8.12.2000, 9 B 426/00, Buchholz 402.25 § 34 AsylVfG Nr. 4; BVerwG, Beschluss v. 14.6.1999, 7 B 332/98; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 113 Rn. 55; Jabobj, Spruchreife und Streitgegenstand im Verwaltungsprozess, S. 463 ff.; Kopp/Schenke, § 113 Rn. 166; Redeker/von Oertzen, § 113 Rn. 24; Stelkens, NVwZ 1991 S. 216; Wolff, in: Sodan/Ziekow, § 113 Rn. 364; a. A. Schmidt, in: Eyermann/Fröhler, § 113 Rn. 40; Hödl-Adick, Die Bescheidungsklage als Erfordernis eines interessengerechten Rechtsschutzes, S. 208 ff., 215). In diesem Sinne hat auch das BSG § 131 Abs. 5 in der bis zum 31.3.2008 geltenden a. F. ausgelegt (BSG, Urteil v. 17.4.2007, B 5 RJ 30/05 R, mit zustimmender Anm. Humpert, SGb 2008 S. 250 ff.; ebenso LSG NRW, Urteil v. 20.4.2005, L 17 U 285/04; LSG NRW, Urteil v. 16.12.2005, L 4 RJ 69/05; LSG NRW, Urteil v. 16.1.2006, L 13 R 224/05; die Vorauflage, § 131 Rn. 8; Bienert, Der neue Absatz 5 des § 131 SGG, SGb 2005 S. 84; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, S. 251; Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 8. Aufl., § 131 Rn. 18; Rohwer/Kahlmann, § 131 Rn. 26; a. A. z. B. LSG NRW, Urteil v. 11.5.2005, L 8 RJ 141/04; LSG Sachsen, Urteil v. 26.10.2005, L 6 SB 47/05; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 14.6.2006, L 4 SB 24/06; Zeihe, § 131 Rn. 27a). Bei einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage oder Verpflichtungsklage würde bei einer bloßen Kassation des ablehnenden Bescheids der Leistungs- oder Verpflichtungsantrag rechtshängig bleiben, obwohl das Gericht (nach damaliger Fassung der §§ 130 und 131 Abs. 2) auch über diese Anträge zu entscheiden hätte. Die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts wegen unzureichender Ermittlungen im Verwaltungsverfahren war danach nur bei der reinen Anfechtungsklage möglich.

Mit der Änderung der Abs. 5 und 2 durch Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) v. 26.3.2008 (BGBl. I S. 444) wurde durch die Formulierung "in den Fällen des § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4" der Anwendungsbereich dieser Regelung ab 1.4.2008 auf alle Fälle des § 54 Abs. 1 und 4 ausgedehnt, so dass nunmehr die "Zurückverweisung an die Verwaltung" auch in der Situation der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage und Verpflichtungsklage in Betracht kommt (vgl. dazu unten Rn. 46). In Abs. 5 Satz 1 wurde durch Art. 8 des Gesetzes v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2933) die Formulierung "in den Fällen des § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4" gestrichen und durch die Verschiebung der bis dahin in Abs. 2 Satz 2 getroffenen Regelung wurde zur Bereinigung eines "Redaktionsversehens" (so: BR-Drucks. 544/08 S. 31 zu Nr. 2 § 131) in Abs. 5 Satz 2 ersetzt. Dessen 2. Halbsatz bezieht sich nur auf die in dem 1. Halbsatz angesprochenen Fälle des § 54 Abs. 1 und Abs. 4 (vgl. BR-Drucks. 544/08 S. 31 zu Nr. 2).

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